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Wittig: Dichtung und Suggestion nach Franz Servaes. 3ü3
sind, das ist uns im Hinblick über unsere Kurze Notiz c)
des Juni-Heftes 1892 S. 287 ff. der „Psych, Stud.« doch
etwas räthselhaft. Wir übergehen des Recensenten genauere
Unterscheidung zwischen Hypnose und Suggestion, welche
unseren Lesern ja wohl zur Genüge bekannt ist, und stellen
uns mit ihm gern auf den Boden der Psycho-Physiologie.
Wenn er aber meint: — „Nicht also um die Auffindung
neuer Thatsachen, sogenannter Wunder, handelt es sich,
als vielmehr um einen Wechsel der Methode, wobei freilich
die Thatsachen in ganz anderer Fülle und reicherer
Gruppirung, als vorher, ans Tageslicht gezogen werden.
Auf diesem Wege gewinnt man allmählich eine Kette von
Erscheinungen, die von alleralltäglichsten und durchaus
normalen Vorkommnissen bis zu seltenen, erschreckenden
und schwer entwirrbaren pathologischen Complexionen
führt, und die dennoch unter einem einheitlichen Gesichtspunkte
sich betrachten lässt. Es ist gleichsam ein
ununterbrochener, latent und instinctiv, aber äusserst
erbittert geführter Kampf am die Macht, der sich
vor uns aufrollt, das bedeutsamere, spannendere und
dramatischere Widerspiel des itarwm'schen 'Kampfes ums
Dasein.' In alter Sprache würde man sagen: — die
Suggestionslehre stellt dar, wie eine Seele sich der anderen
zu bemächtigen und sie nach ihrem Gutdünken umzugestalten
vermag. Heute erblickt man nichts anderes darin,
als auf einander einwirkende [blosse?] Gehirnvorgänge,
wobei das reicher veranlagte, organischer ausgebildete und
wachere Gehirn über das andere den Sieg davon trägt.
Die Hypnose ist, in diesem Lichte betrachtet, nichts
anderes, als die Präparirung eines fremden Gehirns (durch
theilweise bewirkte ßewusstseinsberaubung), um es dem
eigenen dienstbar zu machen» Also ein im Interesse der
Machterweiterung vollzogenes Experiment, das im guten wie
im schlechten Sinne ausgebeutet werden kann", — so bleiben
dergleichen neue Thatsachen, welche man zur Zeit des
Auftretens Hansens vor einem Jahrzehnt noch für abgefeimten
Betrug oder für Denkunmöglichkeiten hielt, dennoch bis
jetzt unerklärte psychophysiologische Wunder, gleichviel
ob man ihnen diesen Namen zu- oder absprechen will,
deren Auffindung und Erklärung auf dem Boden der
bisherigen Wissenschaft rein unmöglich war; und die neue
Methode führt gewiss nicht blos zu einem „Kampfe" um
die geistige Macht eines Gehirns über das andere, sondern
sicher zu weit höheren geistigen Zielen, wie uns schon vor
vielen Jahrzehnten ein Andrem Jackson Davis in seinen
Werken über „Harmonische Philosophie" gelehrt hat, der
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