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Kurae Notizen.
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S. 1027 eine Definition dieses über ganz Italien verbreiteten
Aberglaubens: — ,/Gettatura nennt man bei uns die
Fähigkeit eines Menschen, einem anderen etwas Böses zuzuwerfen
. Dies kann ein directer Sehaden sein. Es ist
aber auch möglich, dass der Gettatore ein langsam, aber
sicher eintreffendes Unglück über den, den er treffen will,
heraufbeschwört, und dann giebt es für denselben keine
Eettung, ausser der im Schutze der heiligen Kirche, oder
im Tode'. — ,Also hängt wahrscheinlich der Glaube an die
Gewalt des Gettatore mit dem Glauben an eine Verbindung
mit dem Teufel zusammen ?c — Aengstlich drückte sich das
Mädchen an den Geliebten und flüsterte leise: — 'Ja. Ein
Gettatore ist immer mit dem Teufel im Bunde. Darum
hat er auch keine Gewalt über das Jenseits. Aber das
irdische Leben kann er uns unglücklich gestalten und sogar
vernichten! Ruggiero Caldaro ist ein solcher Mensch. Viele
hat er schon unglücklich gemacht, den armen Giuseppe
Marmo hat er in den Tod getrieben, und jetzt würde er
meinen Vater und Dich und mich vernichten, wenn ich seine
Werbung um meine Hand ablehnte. Das ist das furchtbare
Verhängniss, das über uns hereingebrochen ist, und von dem
mich nichts befreien kann als der Tod.'" — Die weitere
Entwickelung dieses Erlebnisses eines deutschen Malers in
Sicilien empfehlen wir der Privat-Lectüre unserer Leser.
Wir verweisen dieselben zurück auf den verwandten Glauben
an das „Mal occhio" der Italiener oder den „bösen Blick"
in „Psych. Stud." April-Heft 1892 S. 187 ff., Februar-Heft
1891 S. 95, Januar 1890 S. 49 ff., Juli 1877 S. 333 sub c).
d) XJeber die Thätigkeit während des somnambulen
Schlafes. — Von einem jungen französischen
Geistlichen wird berichtet, dass er oft mitten in der Nacht
aufstand und eine Predigt abfasste. Nicht genug damit,
verbesserte er auch beim nochmaligen Durchgehen die
vorkommenden grammatischen Fehler. — In den sumpfigen
Küstengebieten Frankreichs findet der Verkehr auf hohen
Stelzen statt. Ein Bewohner jener Gegend nahm schlafend
die seinigen und durchschritt damit bei völliger Dunkelheit
einen angeschwollenen Giessbach, ein Wagestück, das er
bei Tage und im wachenden Zustand nicht zu wiederholen
sich getraute. — Ein Edelmann, der zuweilen Anfälle von
Somnambulismus hatte, erhob sich einst um Mitternacht
schlafend von seniem Bette, kleidete sich völlig an, schloss
die Hausthüre auf, holte sich sein Lieblingspferd aus dem
Stalle, bestieg dasselbe und ritt in die Nacht hinaus. Ein
Diener, der ihn beobachtet hatte, folgte ihm, sah, wie er
anscheinend ziellos umher schweifte und nach einiger Zeit
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