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436 Psychische Studien. XX. Jahrg. 9. Heft. (September 1893.)
zum 31. Mai eiligst Verstärkungen entsandte. Zwischen
diesem und seinem eigenen linken Flügel aber zogen
sieh die Nachhut-Colonnen des j&töc/^r'schen Heeres
langsam nach Schweidnitz zurück. Mein Grossvater
brachte Napoleon stets direct mit dem Koischwitzer See in
Verbindung, meinte aber, seine alte Prophezeihung erstrecke
sich auf weiter hinaus, da die Rosse der französischen
Reiterei den See noch nicht auszutrinken vermocht hätten.
— Ref.] „In einem unbedeutenden Gütchen auf der Strasse
nach Neumarkt, Namens Rosnig, schlug er sein Nachtlager
auf. Es war hier nur eine einzige Stube und Kammer
für ihn vorhanden, welche bereits zerstört und ausgeplündert
worden waren, und Bertliier musste in einem Nebengebäude
ihm selbst gegenüber mit einer Art von Gesindestube
fürlieb nehmen. Die Adjutanten lagen in den Scheunen
und Gärten umher. Als man ihm sagte, dass Seine
Majestät sich sehr schlecht in dieser Behausung befinden
werde, antwortete er: — 'Nun, wir werden wie in Polen
sein.' — Am nächsten Morgen sollte er einen Unfall erleben.
Ein Bauernhof, in welchem 14 bis 15 seiner Packwagen
mit den kostbarsten Dingen und nothwendigen Bedürfnissen
bereit standen, ward ein Raub der Flammen. Die Wagen
verbrannten sammt ihrer Ladung, die in Kleidung, Wäsche
des Kaisers, ausserdem in Speisen, Wein, Tabak, in Kostbarkeiten
und baarem Gelde bestand. Er kam dadurch so
in Verlegenheit, dass er gar nicht mehr wechseln konnte
und über Hals und Kopf in Breslau mit Unterkleidern
ausgerüstet werden musste. Der Schaden soll sich bis auf
zehn Millionen Francs belaufen haben. Das Feuer war
durch Unvorsichtigkeit eines Grenadiers beim Frühstückkochen
ausgebrochen, — dieser ward zur Strafe dafür
erschossen und sein Leichnam in die Flammen geworfen.
Für die folgenden Tage wählte Napoleon Neumarkt zu
seinem Aufenthalt, — Indess war Breslau bereits in seinen
Händen u. s. w." —
Auch über die Art des dort erscheinenden Gespenstes
des so grausam erschossenen und verbrannten Grenadiers
wusste mein Grossvater Näheres zu berichten, was mir aber,
als nur gelegentlich gehört, nicht mehr so recht deutlich in
der Erinnerung haften geblieben ist. Der Spukende ,sei
seinen dortigen Verwandten mehrmals als weissglühendes
Knochengerippe unter seinem grauen Grenadiermantel
mit Bärenmütze erschienen. Auf ihn bezog auch der
Grossvater den von meiner seligen Mutter gesehenen
rasselnden Pelzgänger in der Dreikönigsnacht von 1844.
Denn auch durch Jarischau fanden kurz vor diesem
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