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du Prel: Giebt es Warnungsträume?
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Pfund schweres Weihbecken, das über dem Bette hing, von
der Wand herab und bohrte sich mit der Spitze tief in
jenen Theil des Polsters, wo sein Kopf gelegen hatte.1) —
Auch wenn die Warnung nicht dem von einer Gefahr
Bedrohten zu Theil wird, sondern etwa einem Freunde,
vielleicht weil dieser empfänglicher ist, werden wir geneigt
sein, Inspiration anzunehmen. Ein Maler wollte eine Fussreise
nach Karlsbad antreten; in der Nacht vorher träumte
seine Schwester, er würde im Walde überfallen, beraubt
und getödtet. Er reiste dennoch, und der Traum erfüllte
sich; man fand die nackte Leiche in einem Graben.2) —
Wird der Aufschluss einem Dritten gegeben, der noch dazu
kein sonderliches Interesse daran hat, so wird die fremde
Quelle noch um einen Grad wahrscheinlicher. Beaumont
erzählt: — Ein Herr, auf einer Reise begriffen, schlief in
einer Herberge. Im Traum erschien ihm ein verstorbener
Freund, der ihm mittheilte, er hätte einer Person, deren
Name genannt wurde, tausend Pfund für seine Tochter
gegeben. Er bat ihn, für die nun heirathsfähige Tochter
das Geld zu erheben. Der Auftrag wurde ausgerichtet,
das Geld ausgehändigt, und drei Monate später fallirte jene
Person.8) — Oft sind es auch die Nebenumstände, die bei
solchen Träumen die Inspirationstheorie stützen. Professor
Hennings erzählt: — Zu dem Parlamentsrath Salmasius kam
einst em Mann, der im Traume verschiedene Worte gehört
haben wollte und nach dem Erwachen mit lateinischen
Buchstaben aufschrieb, weil ihm diese Worte ganz unverständlich
waren, daher er Salmasius um deren Bedeutung
befragte. Die Worte waren griechisch und besagten: —
„Gehe weg! siehst Du nicht, dass Dir der Tod droht?"
Der Mann beachtete diese Warnung und verliess sein Haus,
das in der darauf folgenden Nacht einstürzte.4) — Hennings
nimmt die Thatsache als gegeben an und sucht sie
rationalistisch zu deuten. Es ist immerhin interessant, zu sehen,
welche Kameele uns die aufgeklärten Gegner zu schlucken
geben, nur um die Inspiration nicht zugeben zu müssen.
Hennings sagt; — „Freilich wird Mancher über diesen
Traum, wenn er wirklich geschehen ist, gar sehr stutzen,
ich aber fürwahr nicht... So gebe ich folgende Aufklärung:
— Der Mensch, der kein Griechisch verstand und den
Traum hatte, wohnte in einem höchst baufälligen Hause,
*) „Psychische Studien." IV. 237.
a) Noihi — „Fatalismus." 41.
8) Beaumont: — „Traktat von Geistern." 224.
4) Hennings: — „Von Träumen und Nachtwandlern." 359.
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