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Wittig: Parallelfälle zu dem nächtlichen Schreckgespenst etc. 483
Person" (Hermaphrodit?) oder „Doppelgänger" zu deuten
sei.*) Dies würde das eigentümliche Erlebniss Ihrer
Gross-Mutter im Oderwalde bei Leubus vielleicht aufklären
helfen, welcher Wald vom genannten Verfasser mit dem
Naha[na]rvalischen Haine identificirt wird. Und die
uralte, in Hexametern gereimte, lateinische Grabinschrift
des Herzogs Boleslaus I. Altus (des Hohen), des Schwiegervaters
der Heiligen Hedwig, welcher d. 6" December 1201
zu Lissa bei Breslau 79 Jahre alt starb und in dem von
ihm so reich beschenkten, schon 1053 von Kasimir I. von
Polen gegründeten ältesten Kloster Schlesiens, Leubus an
der Oder, vor dem Hochaltare der Kirche beigesetzt wurde,
scheint wirklich die Bestätigung dieser Behauptung zu enthalten
, Sie lautet nach A. Knöblich: — „Lebensgeschichte
der Heiligen Hedwig"' (Breslau, Schütter, 1860) 8. 31: —
„Dux Boleslaus, honor patrie, virtute deinceps,
Cui par nullus erit per regna Polonica Princeps,
Conditur hoc loculo, locus a quo conditus iste
Daemonis ara prius, tua transit in atria, Christe." —
[D* h. „Herzog Boleslaus, der Ruhm seines Vaterlandes, zunächst
an Tapferkeit, dem durch die Polnischen Lande kein Fürst
gleich sein wird, ist beigesetzt hier an dieser kleinen Stätte,
demjenigen Orte, von welchem der früher den
Dämonen (heidnischen Götzen) geweihte Altar
in deine (kirchlich-himmlischen) Vorhöfe hinüberführt, o
Christus!" — Uebersetzt and angemerkt vom Einsender.] —
Ks ist dies sonach derselbe uralte Oderwald, in den
meine selige, in Hermannsdorf unterm Hessberge 1775
geborene Grossmutter Anna Rosina Goebel, geb. Wolf, als
Jungfrau von 17 Jahren von Rogau bei Kloster Leubus
aus, wo sie mit ihren dorthin in ein neu angekauftes Bauerngut
gezogeneu Eltern lebte, und in welchem nahen
Kloster ein naher Verwandter ihres Geschlechts Convent-
Meister bis zur Aufhebung desselben im Jahre 1810 war,
von dem sie ihr dickes „Historienbuch vom Leben aller
Heiligen Gottes" zum Geschenk erhielt, dem ich meinen
Tauf- und Rufnamen und auch meine Vorbestimmung für
den geistlichen Stand verdankte, wohl in der Johannis-^acht
1792 nach „Scharte" und anderen ^Heilkräutern" suchen
ging, und woselbst sie nach Mitternacht nebst ihren
Begleitern einem ,,gespenstig vorüber eilenden
Radwerräd^hen" begegnet sein will, dessen unsichtbarer
Fahrer auf die Frage: — „Wohin, wohin so eilig?" —
geantwortet haben soll: — „Nach Kaamtz, nach Kaamtz,
*) Wir verweisen hierüber noch auf unsere Kurze Notizen in
„Psych. Stud." August-Heft 1893 S. 408 ff.
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