http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0539
Wittig: Nachtrag zu „Das Gothenburger Medium in Berlin". 533
Ausbildung eines jungen weiblichen Mediums, dessen Fähigkeiten
in Hypnose und Spiritismus ihm höchst entwickelungs»
fähig erschienen. Sie schreibe seit einiger Zeit durch die
Planchette, sehe Geistergestalten Verstorbener, scheine für
Fernwirkung Anlagen zu besitzen u. A. m.
Mein gestorben sein sollender Freund, dem ich diese
Depeschen nothgedrungener Weise sofort mitgetheilt hatte,
schrieb mir nun am 1. October aus ßepiofka, Gouvernement
Pensa in Bussland: — „"Werther Freund! — Wie Sie
sehen, lebe ich noch,*) trotzdem geistige Spassvögel sich damit
amüsiren, uns zu mystificiren. Es ist wahr, dass ich
mich recht krank fühle. Mein Uebel lässt mir keine Ruhe,
besonders des Nachts, beraubt mich des Schlafes, benimmt
mir den Kopf und die Augen mehr als jemals. Ich hoffe,
dass es damit bald zu Ende gehen wird, und dass ich
zuletzt in die Bei-Etage hinunterziehen werde! Sonst ist
mein Kopf noch voll Kraft und Klarheit. — Ich beglückwünsche
Sie zu den guten Resultaten Ihres Besuches in
Berlin: — aber unter solchen Bedingungen vermag man nicht
mehr zu erlangen. Ich erstaune, dass die erste Seance
schon so gut ausgefallen ist. Die wesentliche Frage ist nur,
sich zu vergewissern, dass das Medium seinen Platz nicht
verlässt. . . . Alexander Aksakow"
Diese Gewissheit ist nun durch die vielen Zeugnisse
dieses Artikels gewonnen und so gut wie mathematisch
direct bewiesen. Tch habe zuerst den sogenannten apago-
gischen oder indirecten Beweis zu führen gesucht, ehe ich
die Erfahrungen meiner Mitbeobachter kannte. Und beide
Beweisarten ergänzen und stützen einander in unserem
Falle aufs vortrefflichste.
*) Höchst merkwürdiger Weise lauten auch des Mediums letzte
Depeschenworte auf S. 506 des Oktober-Heftes 1893: — „Ich lebe
noch! Melitta." — Wir dürfen uns Melitta vielleicht nur als die geistige
Führerin des Mediums vorstellen; dann wäre die ganze Depesche doch
an mich gerichtet gewesen. — Leider et halte ich aus 8t, Petersburg
vom 13./25. Oktober er. finde Oktober folgende neue betrübende Nachricht
: — ,.Werther Freund! —- Seit 10 Tagen bin ich wieder hier und
habe bereits Zeit gehabt, eine neue Krankheit durchzumachen. Ich
hatte mich auf der Reise verkältet und eine starke Diarrhöe mit Erbrechen
bekommen. Es fehlten nur noch Krämpfe, und die Oholera
war fertig! Ich bin noch sehr schwach und habe noch innrer ein
wenig Fieber." — Unsere theilnehmenden Leser werden hieraus ersehen
, dass meino Besorgniss wegen der Cottbuser Spirit-Depesche
nicht so ganz unbegründet war und leider noch immer in der Schwebe
erhalten bleibt. — Gr. C. Wittig,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0539