http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0552
546 Psychische Studien. XX. Jahrg. 11. Heft. (November 1898.)
— Eine andere Erzählung füge ich noch bei. Ein Gelehrter,
vielleicht ein Professor, verlangte von seinem Schüler, er
solle in sein Studirzimmer hinaufgehen und ein bestimmtes
Buch von seinem Schreibtische holen. Der junge Mann
ging hinauf, kehrte aber bleich vor Schreck ohne das Buch
zurück. — „Warum bringt Er es denn nicht?" — „Ja,
Herr Professor, ich sah Sie oben sitzen und' das qu. Buch
aufgeschlagen vor Ihnen.4' — „Gehe Er nur getrost hinauf
und nehme Er das Buch aus meiner Hand und bringe Er
dasselbe herunter!" — Was auch geschah.
„Für die Uebersendung des Heftes vom August ganz
ergebenst dankend, erlaube ich mir, Ihnen noch Einiges
mitzutheilen: — 1) Ein Brücken-Aufzieher Krüger, den ich
täglich an seiner Brücke sah, war im vorigen Jahre gestorben.
Vor olmgefähr vierzehn Tagen kam er auf mich zu und
! freute sich, mich noch hier auf der Erde zu sehen. Als
ich ihm sagte, ich wüsste, er sei verstorben, war er vor
meinen Augen verschwunden. Eine Sinnentäuschung war
es nicht. — 2) Folgendes theilte eine hiesige Zeitung mit.
Der Förster Hürche zu Sandau hatte am 21. v. M. von
seinem Vorgesetzten Urlaub erhalten, um seinen Vater
besuchen zu können. In der Nacht vom 25. zum 26. hatte
der Förster folgenden Traum: — Er befand sich wiederum
in Sandau auf dem sogenannten Möwenwerder und sah in
, einem dort befindlichen Wasserloch seinen Sohn Karl —
den ältesten von sechs Geschwistern — als Leiche schwimmen.
Am Morgen darauf fuhr er sofort nach Hause. Während
der Rückfahrt wurden seine Gedanken fortgesetzt auf den
schrecklichen Traum gelenkt, obwohl er sich alle Mühe gab,
, ihn zu vergessen. Bei seiner Mittags erfolgten Ankunft in
I Sandau theilte er den Traum sowohl seiner Frau, als auch
einem bei ihm in Sommerwohnung sich aufhaltenden Oberlehrer
aus Hamburg und bei der Meldung dem Bürgermeister
mit und freute sich, dass er alle seine Angehörigen
gesund angetroffen hatte. Nachmittags gab er seinem Sohne
Karl den Auftrag, mit einem jüngeren fünfjährigen Bruder
nach den Kühen zu sehen, ob diese noch angepflöckt seien.
Gegen 7 Uhr Abends kehrte der kleine Knabe zurück und
erzählte weinend, dass Karl, trotz des Verbotes, in einem
Wasserloch auf dem Möwenwerder gebadet und, des
Schwimmens unkundig, «lautlos versunken sei. Der Vater
begab sich sofort dorthin und holte seinen Sohn aus dem
tückischen Wasser. Da der Förster von seinem Traume
verschiedenen Leuten Mittheilung gemacht, als der Sohn
noch am Leben war, unterliegen die Einzelheiten des
sonderbaren Vorfalls keinerlei Zweifel. — 3) Was ist
i
t
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0552