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Kurze Notizen. 549
glaube ich, liegt der Schlüssel zum Verständniss dieser Natur
und ihrer Erfolge. Böhmer ist durchaus ein Prophet, soweit
wir mit diesem Wort einen ganz bestimmten psychologischen
Typus bezeichnen. Er ist es durch die energische Einseitigkeit
der ihn erfüllenden Idee; er ist es durch die
Kraft, mit welcher diese Idee ihn ganz und gar sich unterordnet
, seinen Körper zu ihrem Gefäss, seinen Geist m
ihrem Vehikel macht. 'Mache mir Raum in meiner engen
Brust', ruft der Prophet des alten Bundes. 'Ihm schwoll
das Herz. Wie ein reissender Strom stürzte der Schwall
strafender, tröstender und ermahnender Worte. Sein ganzer
Körper bebte in Leidenschaft*, — so schildert Gerhard
Hauptmann seinen 'Apostel'. — Nach Propheten aber lechzte
jene Zeit. In dem nüchternen Frankreich hatte eben (1833)
La Mennais in biblischer Sprache seine 'Worte eines
Gläubigen' geschrieben und mit dem neu-alten Evangelium
einen Ungeheuern Sturm erregt. Bei Victor Hugo und bei
Lamartine finden wir dasselbe Haschen nach dem Prophetenton
. In Deutschland haben die [damaligen] Philosophen
die Rolle, die in Frankreich die [genannten] Autoren haben;
Ludwig Feuerbach vor allem ist durchdrungen von dem
Bewusstsein, der Prophet des neuesten Bundes zu sein;
einseitig und beglückt wie Rohmer, wirft er seine Funde in
die Welt. Alle wollen sie auch die Fruchtbarkeit ihrer
Gesichtspunkte auf politischem Gebiet erhärten; und garz
auf diesem Gebiet stehen die sozialistischen Propheten u. s. w."
— Ja, wenn wir Andrew Jackson Davis1 „Die Principien
der Natur, ihre göttlichen Offenbarungen und [besonders
den 3. Tiieil derselben] eine Stimme an die Menschheit"
(Leipzig, Oswald Mutze, 1869, 2 Bde.) lesen, so erstaunen
wir ob seines im Jahre 1845 schon bekundeten Seherblicks
in die sozialistischen Wirren unserer Zeit und über seine
vorgeschlagenen Heilmittel zur Erlösung der Menschheit aus
leiblicher wie geistiger Noth und Trübsal, in die sie sich
auf gewöhnlichen politischen Verstandeswegen immer tiefer
zu verstricken im Begriffe steht.
e) Ein maurischer Doppelgänger. — Ein Herr
M. R. Seiende berichtet aus Tlemcen, 25. März 1893, in
seinem Artikel: — ,,Von Algier nach Oran" (s. 1. Beilage
z. „Leipz. Tageblatt und Anzeiger Nr. 467, 13. September
1893, M.-A.), dass Tlemcen das frühere römische Pomana
und spätere Ag^dir gewesen sei und eine Königsburg besass,
die 1145 auf der Stelle erbaut wurde, wo 1067 Fusuff-ben-
Tachftn, während er Agadir belagerte, sein Zelt aufgeschlagen
hatte. „Herrliche Gärten und Höfe umgaben das Sehloss,
von dessen Prachtfülle alle arabischen Geschichtschreiber
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