http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0602
596 Psychische Studien. XX. Jahrg. 12, Heft. (December 1893.)
weisen und die Erforscher des Spiritismus nicht so ins
Allgemeine als überhaupt auf falscher Fährte und in falschen
Muthmaassungen befangen verdächtigen zu wollen. Wir
werden uns gern von einem so scharfsinnigen Denker
belehren und überzeugen lassen. — Der Referent.] Und
ähnlich verhält es sich in zahllosen Fällen, die uns beweisen,
wie wenig nicht selten schon die Augenzeugen selbst vor
Irrthümern geschützt sind, die unter Umständen ein ganz
falsches Bild der Begebenheiten herbeiführen und sie dazu
bringen, dass sie Dinge mit eigenen Augen gesehen zu
haben meinen, die Niemand [?] jemals gesehen hat, oder
gesehen haben kann. [Hierbei liegt eben der landläufige
Hase des Vorurtheils im dicksten Pfeffer! — Der Ref.]
Hat doch vor Copernicus Jedermann geglaubt, und heute
noch glauben Unzählige, sie sehen die Bewegung der Sonne
vom Aufgang zum Niedergang, die in Wahrheit gar nicht
stattfindet. [Das ist eine starke Behauptung des Herrn
Professors I Sieht denn wirklich Niemand mehr diese tägliche
Bewegung der Sonne, und findet sie in Wahrheit wirklich
nicht statt? Man sieht doch wohl richtig und erklärt nur
dieses Sehen falsch, wenn man auf dem Standpunkte vor
Copernicus stehen bleibt. Man wird doch den richtigen
Sinnenschein nicht wegzudeuten brauchen um der richtigen
Erklärung willen. Aber so machen es die Gegner des
Spiritismus. Sie leugnen dessen Erscheinungen und geben
noch dazu eine nachkopernikanische falsche Erklärung dessen,
was wirklich hinter ihnen steckt! — Der Ref.]
„Allen diesen Täuschungen ist nun Jeder natürlich um
so mehr ausgesetzt, je mehr es ihm an den Eigenschaften
fehlt, durch welche die Zuverlässigkeit aller Beobachtungen
bedingt ist. Zum Beobachten gehören, auch wenn es sich
nicht um genaue wissenschaftliche Beobachtung handelt,
normale Sinne, Aufmerksamkeit, gesunder Verstand und, wie
schon aus den bisherigen Erfahrungen hervorgeht, eine
gewi&se Bekanntschaft mit dem Gebiete, dem die beobachteten
Erscheinungen angehören, [Die nur leider bei den meisten
Gelehrten hinsichtlich des Spiritismus noch gar nicht vorhanden
ist! — Ret]; denn je fremder diese dem Beobachter
sind, um so leichter wird er solches, worauf es ankommt,
übersehen, das Wahrgenommene falsch combiniren und
erklären, die Lücken seiner Wahrnehmungen mit unrichtigen
Vermuthungen ausfüllen. Vor allem aber gehört zum
Beobachten Kaltblütigkeit und Freiheit von Vorurtheilen. [1]
Alle heftigen Gemüthserregungen lenken nicht blos die
Aufmerksamkeit von dem ab, was nicht unmittelbar auf
ihrer Bahn liegt; sie bewirken nicht blos, dass sich das
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1893/0602