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26 Psychische Studien. XXL Jahrg. 1. Heifc. (Januar 1894.)
Wirkung statt. Wenn der Magnetiseur dem Somnambulen,
oder die Hexe dem Behexten erseheint, so ist hier der
Agent keineswegs vom Bewusstsein seiner Situation erfüllt,
sondern seine Gedanken und Gefühle richten sich, nach
aussen zugespitzt, auf einen Entfernten, den Percipienten.
Ganz anders, wenn ein Ertrinkender in der Ferne erscheint,
den wir uns allerdings ganz erfüllt von seiner eigenen
Situation denken müssen. Wenn gleichwohl in allen drei
Fällen die gleiche Wirkung eintritt, nämlich die telepathische
Erscheinung des Agenten, so muss auch ii der Ursache
ein gemeinschaftliches Merkmal liegen, und da sich der
intellectuelle Factor als verschieden gezeigt hat, so müssen
die telepathisch veranlassten Hallueinationen auf einem
identischen moralischen Factor beruhen, auf d^r in allen
drei Fällen vorhandenen tiefen Willens- und Gefühlserregung.
Der Magnetiseur hat den intensiven Willen, seinen entfernten
Patienten einzuschläfern; die Hexe ist erfüllt von dem
Verlangen, eine entfernte Person zu schädigen, und die
letzte Sehnsucht eines Ertrinkenden richtet sich vielleicht
auf einen Angehörigen in der Ferne. Die für die Fernwirkung
nöthige Kraft liegt also im Willen des Agenten,
welcher allerdings eine Kraft ist, nicht aber in seinem
Bewusstsein, welches keine Kraft, sondern nur ein Zustand
ist. Sogar die experimentelle Gedankenübertragung gelingt
um so besser, je intensiver der Agent seinen Willen anspannt
; aber freilich muss auch der Gedanke ein lebhafter
sein und wo möglich die Bildform besitzen, wenn er auch
beim Percipienten deutlich und lebhaft sein soll.
Auf den Grad der Willenserregung kommt es also an,
und da dieser Wille identisch ist mit dem organisirenden
Princip, so stellt Bich die fernwirkende Erzeugung einer
Hallucination, die Erscheinung Lebender, als ein Mittleres
dar zwischen blosser Gedankenübertragung und dem realen
Doppelgänger. In meiner Studie über Doppelgänuereil)
hat sich denn auch gezeigt, dass sie von der Gedankenübertragung
nicht durch einen schaifen Trennung&strich
geschieden ist, sondern dass beide in flüssiger Trennung
in einander übergehen, fto muss es auch sein, wenn Denken
und Organisiren Functionsrichtungen der gleichen Seele
sind, und es kommt dann lediglich auf das Ueberwiegen
der einen Function vor der anderen an, ob der reale
Doppelgänger in der Ferne erscheint, oder die psychische
Kraft nur soweit als eine gestaltende sich zeigt, dass die
*) du Preh — „Monistische Seelenlehre/' c VII—XII.
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