Freiburger historische Bestände - digital

Handrich: Aus dem Tagebuch eines amerikanischen Kritikers. 31

Kenntniss erhielt. Mir dagegen wurde in Folge der auf
dasselbe bezüglichen Beweise klar, dass ich der Frau
Unrecht that, und dass meine Zunge eher ans Ziel gelangte,
wie die Erkenntniss der Wahrheit.

October 15. — Plakate mit riesigen Buchstaben und viel
verheissendem Inhalte lockten mich in eines der elegantesten
Theater unserer Kirchenstadt. Durch Annoncen und öffentliche
Anschläge wurde bekannt gemacht, dass das grösste
lebende Medium Dr. Eddy daselbst auftreten und den Verkehr
der Geister mit der Körperwelt bei tagheller Beleuchtung
demonstriren werde. „In directer Sehiefertafelschrift*4 —
hiess es — werden die Verstorbenen mit ihren Angehörigen
in unmittelharen Verkehr treten. Materialisirte Geisterhände
werden sichtbar, und jedes der Anwesenden wird in den
Stand gesetzt, sich von dem so oft angezweifelten Phänomen
zu überzeugen. Durch deren VermitteTung werden Menschen
und Tische anscheinend frei in der Luft schweben. Irgend
welche an die Abgeschiedenen gerichtete Fragen werden in
verschlossenen Couverts beantwortet. Der Schleier wird
gelüftet und die Unsterblichkeit demonstrirt und wissenschaftlich
begründet, u. s. w.u

In Anbetracht, dass vor Jahrzehnten die berühmten
Eddy-Brothers gewaltiges Aufsehen mit Bezug auf die durch
dieselben zu Stande gekommenen telesomatisehen und tele-
kinetischen Manifestationen erregten, war ich der Ansicht,
dass es sich um eines dieser, wieder in die Oeffentlicbkeit
getretenen Medien handle. Das geräumige Haus war in allen
seinen Räumen dicht besetzt, und da ich einen bei mir auf
Besuch anwesenden Begierungsbeamten von Washington mit
dem Spiritualismus bekannt zu machen wünschte, so belegte
ich zwei Urchebterstühle in der vordersten Reihe. Ungetähr
eine halbe Stunde nach der festgesetzten Zeit erschien
auf der ofienen Bühne ein semmelblondes, kahlköpfiges
Individuum, das sich mit einer linkischen Verbeugung dem
Publikum mit der Bemerkung vorstellte, dass er im Begriffe
stehe, demselben zu beweisen, wie die Menschheit von den
sogenannten Medien betrogen werden könne. Er nahm alsdann
von einem auf der Bühne stehenden Tisch eine
Schiefertafel und fuhr mit einem feuchten Schwamm über
die beiden Flächen hin und her. Die Art und Weise, wie
er dieselbe handhabte, Hess mich schon errathen, dass es
eine der mit einer doppelten, resp. falschen, in den Rahmen
eingelassenen Platte versehenen Gauklertafeln war, auf
welcher schon vorher die Worte: — „Ich bin hier und bin
glücklich, Marie" — geschrieben und alsdann mit der falschen