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64 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1894.)
wie in unserem Artikel: — „Ladungen vor den Richterstuhl
Gottes" — in „Psych. Stud." Juli-Heft 1879 S. 326-327
citirt ist und eine solche unter Kurzen Notizen sub c) des
November-Heftes 1893 zu lesen steht.
Noch eine solche beglaubigte Leuchtergeschichte eines
ebenfalls redenden Gespenstes fand ich im „Ersten
Correspondenz-Bericht" der Vereinigung „Sphinx" in Berlin
Ende März 1893, die wie folgt lautet: —
„Die Laterne mit der Hand."*) — In dem kleinen
Städtchen Sömmerda in Thüringen geht im Volksmunde
die Sage, dass vor ungefähr achtzig bis hundert Jahren in
der Nähe Sömmerdas ein Gutsbesitzer gelebt hat. Der
war ein gar wilder Geselle und hat wohl lieber in der
Schenke, denn in der Kirche gesessen. Eines Tages ist er
nach Sömmerda gefahren, wo er wohl gar zu tief ins Glas
geschaut hat, denn des Nachts begab er sich endlich mit
schwerem Kopf auf den Heimweg. Er ist aber niemals
nach Hause gekommen und wahrscheinlich in einem Sumpf,
zwischen Sömmerda und dem Kreisstädtchen Weissensee.
verunglückt, denn man hat nie wieder etwas von ihm gehört
und gesehen. Von dieser Zeit an hat sich auf der Strasse
von Sömmerda nach Weissensee und besonders in der Nähe
jenes Sumpfes eine Laterne gezeigt, die oben am Henkel
von einer Hand gehalten wurde. So ist sie unter Anderem
auch den Botenfrauen begegnet, die, nachdem sie ihr
natürliches Grauen überwunden, sich spät Abends mit der
Zuversicht auf den Weg begaben, dass die Laterne ihnen
schon leuchten werde. So wird auch erzählt, dass einst
eine beherzte Frau zu der Laterne gesagt habe: — 'So
habt auch Gottes Lohn, dass Ihr mir geleuchtet habt', —
worauf von der Laterne aus eine Stimme geantwortet
haben soll: — „Darauf habe ich schon lange gewartet
!"**) — Dass die Laterne geantwortet haben soll,
ist wohl höchst unwahrscheinlich, und die Frau
hat dies gewiss nur erzählt, um die Sache noch recht
interessant zu machen; aber eine Laterne mit einer Hand
haben viele glaubwürdige Personen gesehen. So ist sie
auch einst meinem eigenen Grossvater begegnet, welcher
*) Das Londoner „Light" Nr. 640 v. 15. April 1893 enthält einen
abgekürzten Bericht von dieser Mittheilung, ohne jedoch auf die
Verwandtschaft dieser Laterne mit den vom Sekretär der „Psych.
Stud." Jahrg. 1892 mitgetheilten Fällen vom „Nächtlichen Leuchter
und wilden Jäger" Bezug zu nehmen, — Obiger Bericht ist mit Genehmigung
der Redaction der Vereinigung „Sphinx" hier abgedruckt.
Die Red.
**) Vgl. „Psych. Stud." Juli-Heft 1892 S. 299. — D. Sekr/d. Red.
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