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Hancirich: Aus dem Tagebach eines amerikanischen Kritikers. 77
und legte es in Ermangelung eines Glasgefässes in eine
Papierschachtel, dem er einen Bleistift beigesellte. Leider
misslang der Versuch. Nun wurde das Medium Cole hellsehend
. Er beschrieb das ihm sichtbare Phantom als eine
ungemein stattliche Erscheinung, mit weissem Schnurr- und
Backenbart, militärischer Uniform und angethan mit zahlreichen
Orden, unter denen das eiserne Kreuz. Ich errieth,
wen er meinte, gleichzeitig aber auch, dass er mich
irrthümlicherweise für einen Landsmann von Freund
Manneck, d. h. gleich ihm für einen Deutschen hielt. Dann
ergrifi er Papier und Bleistift und schrieb angeblich automatisch
eine von dem Phantom ausgehende Aufforderung
an M. und mich, — „uns bereit zu halten, da es in Bälde
„Krieg gebe und es unsere Pflicht und sein Wille sei, dass
„wir uns unter dem Banner schaaren und das Vaterland
„vertheidigen hellen!" —
Nun wäre ich als Junge freilich gern Trompeter
geworden, am liebsten bei der Stadtmusik, und bat, da ich
sonst noch nie für den Soldatenstand eine Schwäche besessen
, den Betreffenden zu grüssen und zuzusehen, dass er
ohne mich seinen Feinden eine glänzende Niederlage bereite.
Da auch Manneck keine Lust zu verspüren schien, seine
Pappschachtelfabrik im Stich zu lassen, so entfernte sich
das Phantom und mit ihm auch ich mich.
October 28. — Gedachte dem Medium Moü-KnigM einen
Besuch in ihrer in der Ost 14. Strasse gelegenen Wohnung
abzustatten. Zu meinem Leidwesen traf ich sie nicht zu
Hause, dagegen erfuhr ich von ihrer Tochter, dass sie sich
nach einem Haus in der West 28. Strasse begeben habe,
wo sie sich mit Vermiethen von meublirten Zimmern an
ledige Personen befasse. In der Voraussetzung, dass sie
dort keine Schiefertafeln zur Hand habe, verschaffte ich
mir ein Paar, wickelte dieselben in ein Papier und überraschte
die Frau mit meinem Ansuchen um eine improvisirte
Sitzung, die sie mir dann auch gewährte, trotzdem der in
dem Zimmer befindliche Tisch, als nicht ihr gehörig, auch
nicht magnetisirt sei. —
A propos und en parenthöse! Beinahe hätte ich vergessen,
dass ich am 10. October bei der unter dem 3. d. M. erwähnten
Clairvoyanten Bora Hahn war und bei diesem Anlasse den
Vor- und Zunamen eines kürzlich in Europa verstorbenen
Vetters erhielt. Auch die Beschreibung des dem geistlichen
Stande angehörigen Verwandten stimmte mit dem in meiner
Erinnerung haftenden Bilde. Ich bin felsenfest überzeugt,
dass das Medium den Namen nie gehört hatte und ihn in
gleichzeitiger Verbindung mit seinem Stande auch nicht zu
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