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Karze Notizen.
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Nr. 32,1893 S. 383) ein Beispiel, das die Sache uns Deutschen
noch näher rückt, in der Reimchronik, die von Pfeffer 1844
herausgegeben ist. Sie rührt wohl von einem (ostpreussischen)
Ordensritter her, der in der ersten Linie die Kriegszüge,
an denen er Theil genommen hat, in behaglicher Breite
schildert. Dort wird erzählt, wie ein litthauischer Fürst,
Lengewin wird er genannt, die Häupter eines feindlichen
Geschlechtes dermaassen bedrängt, dass sie genöthigt sind,
sich dem deutschen Orden zu unterwerfen. Bald darauf
gelingt es ihnen jedoch, ihren Gegner zu überfallen und
gefangen zu nehmen. Da sie es nicht wagen, ihn in eigenem
Gewahrsam zu halten, so liefern sie ihn nach Riga an ihre
Lehnsherren aus. Nun heisst es in der Chronik weiter
v. 3017: —
t,Lengemn an einem Tische sass,
Mit den Brüdern da man ass.
Ansah er da ein Schulterbein,
Des kam sein Herz in schwere Pein.
Er sprach: Die Litthauer leiden Noth,
Mein Bruder ist geschlagen todt,
Ein Heer in meinem Hofe lag
Von gestern bis an diesen Tag." —
In der That trifft bald darauf ein Bote ein, der die
Verkündigung bestätigt. Die Feinde haben Lengewiris
Abwesenheit benutzt, seine Burg überfallen, was nicht in
die Sümpfe fliehen konnte, erschlagen und Weiber, Kinder
und Vieh weggetrieben. Da sie gegen die Gewohnheit auch
die Nacht in dem feindlichen Gebiete lagerten, hat der
Bruder Lengewin's mit schnell zusammengeraffter Mannschaft
ihnen die Beute abzujagen gesucht, aber bei dem vergeblichen
Versuche den Tod gefunden. — Dass übrigens die
Weissagung aus dem Schulterbeine allgemein, vielleicht auch
von den Deutschen geübt wurde, scheint aus den folgenden
Worten hervorzugehen: —
„Das Bein hat Manchem seitdem gelogen,
Lengewin blieb doch unbetrogen." —
d) Die sog Couvade oder das Männer Wochenbett bei
verschiedenen afrikanischen Stämmen erklärte man früher
für eine Art nachgeahmten Wochenbettes der Frau, eine
Theorie Bachofen's, die zuerst von Dayen in „Mutterrecht
und Kaubehe" (1883) bezweifelte, Starke aber in seiner
„Primitiven Familie" und in seinen „Studien zum ältesten
Familienrecht" zum ersten Mal ausreichend erklärte. Als
Grund ihrer Einführung betonen die ihr huldigenden
Völkerschaften fast durchgängig, „dass die Ruhe und
Massigkeit des Vaters zum Wohlsein neugeborener Kindel
ausserordentlich viel beitrage und schlechterdings nothwendig
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