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92 Psychische Studien. XXI Jabrg. 2. Heft (Februar 1894.)
„Die 'GeheimWissenschaften', zu deren grössten Propheten
du Prel gehört, sind ein Gebiet, auf dem sich heutzutage
unzählige traurige Halbnarren tummeln, um vollends ganze
* Narren zu werden. Da auch nicht wenige Aerzte und
ernsthafte Gelehrte nahe daran sind, in den Dienst dieser
neu herausgeputzten, alten Narrheit zu treten und sie zur
Würde einer zünftigen Wissenschaft zu erheben, so ist es
höchst erfreulich, dass ihr W. Wundt, der Grösste unter den
lebenden psychophysiologischen Autoritäten Deutschlands,
in seiner Schrift 'Hypnotismus und Suggestion' (Leipzig,
W. Engelmann, 1892J auch nicht einen Zoll breit Recht einräumt
. Alles, was ins Gebiet des 'Occultisnius* gehört,
schliesst er von seiner Betrachtung aus. Damit könnten
. wir uns, schreibt er, nur unter der Voraussetzung abgeben,
'dass die Welt, die uns umgiebt, eigentlich aus zwei völlig
verschiedenen Welten zusammengesetzt sei Die eine ist die
Welt eines Kopernicus, Galilei und Newton, eines Leibniz und
Kant, jenes Universum ewig unveränderlicher Gesetze, in dem
das Kleinste wie das Grösste harmonisch dem Ganzen sich
einfügt. Neben dieser grossen Welt, die bei jedem Schritt,
den wir vorwärts thun, in gesteigertem Maasse unsere
Bewunderung und unser Staunen erregt, würde es aber noch
eine andere kleine Welt geben, eine Welt der Huzelmännchen
und Klopfgeister, der Hexen und magnetischen Medien; und
in dieser kleinen Welt ist alles, was in jener grossen, erhabenen
Welt geschieht, auf rden Kopf gestellt, alle sonst unabänderlichen
Gesetze werden zum Nutzen höchst gewöhnlicher,
meist hysterischer Personen gelegentlich ausser Gebrauch
gesetzt/ — Von den Erscheinungen des Hypnotismus weist
Wundt nach, dass sie psycho-physiologische Erscheinungen
sind, wie alle anderen auch, und nichts Geheimnissvolles
haben, wenn man davon absieht, dass das ganze Seelenleben
und überhaupt das Dasein ein grosses Geheimniss ist. Die
praktische Anwendung des Hypnotismus und der Suggestion
hält er mit Recht für bedenklich und gefährlich, und weist
die lächerlich übertriebenen Vorstellungen zurück von den
gewaltigen Wirkungen, die sich manche Gelehrte von diesen
neuen Künsten für die Wissenschaft, für die Krankheilung,
für die Jugend- und Volkserziehung versprechen." — Diese
Kritik gehört für uns ganz ins Unmaassgebliche. Was wir
von Prof. Wundt denken und halten, haben wir bereits
mehrfach, zuletzt „Psych. Stud." Februar-Heft 1893 S. 107 ff.
und Juni-Heft 1892 8. 267 ff. erörtert. Weshalb beschäftigt
sich denn der hochgelahrte Herr Professor überhaupt mit
solcher Narrheit und sucht Kapital und Zinsen durch eine
eigene Schrift über sie herauszuschlagen ? Ist das nicht auch
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