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108 Psychische Studien. XXL Jahrg. 3. Heft. (März 1894.)
— man legte goldene oder silberne Scheiben oder Steine
in ein mit Wasser gefülltes Becken, beschwor einen Dämon
mit Worten und stellte eine bestimmte Frage; sobald das
Wasser anschwoll, ertönte leises Flüstern aus demselben
als Antwort. — Der ßeckenzauber soll assyrischen
Ursprunges sein. — Beim Wasserzauber wurde ein
Grefäss mit Wasser gefüllt , dann ein Ring an einem Bindfaden
befestigt und hin und her geschwangen. Die
Antwort wurde durch Anschlagen des Ringes an das
Gefäss gegeben. Auch dies erinnert sehr an gewisse, in
Spiritistenkreisen übliche Arten, den Verkehr mit den
Jenseitigen zu bewerkstelligen* — Noch beliebter war der
Siebzauber, bei welchem man die Hilfe der Geister in
Anspruch nahm, um einen Schuldigen zu entdecken. Man
legte ein Sieb auf eine Zange, hielt zwei Finger an
dieselbe, murmelte sechs Worte der Beschwörung und
darauf den Namen des Verdächtigen; bei wessen Namen
das Sieb zittert oder sich bewegt, der ist der Schuldige.
Ein an eine runde Scheibe gehaltenes Beil thut dieselben
Dienste.1) — Das Sieb spielte überhaupt eine grosse Rolle
im Aberglauben. — Im Spreewalde wird noch heute derselbe
Brauch in einer etwas abgesonderten Form geübt. Man
bindet einen alten Erbschlüssel in ein Gesangbuch;
zwei Personen halten dann diese Gegenstände leicht auf
ihren Zeigefingern und nennen die Namen der Verdächtigen.
Bei wessen Namen Schlüssel und Buch herunter gleiten,
der ist der Schuldige. Auch Heilige werden manchmal
geradezu befragt. Mit St. Martin in Tours wurde sogar
korrespondiit. Man legte beschriebene Zettel und unbeschriebene
daneben am geweihten Orte nieder. Jene
enthielten die Frage, diese waren für die Antwort bestimmt.
Letztere erschien auch bisweilen in der That, bisweilen blieb
sie auch aus,2) Man sieht, dass der Baron Güldenstubbe für
seine sonderbaren Versuche im Dome von St. Denis
durchaus nicht den Anspruch der Neuheit erheben kann.*)
*) Meyer: — „Volksaberglauben." S. 281 ff.
•) Ebenda. S. 237.
*) Man vergl. hierüber „Psych. Stud." Novbr.-Heffe 1889 S. 545 ff,
sub d) und <?)♦ — Der Sekr. d. Red.
(Schluss folgt.)
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