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122 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 8. Heft. (März 1894.)
reinlich waren, während ein drittes beschmutzt, die übrigen
ohne sonderliche Merkmale waren." - Diese ganz plötzlich
eintretende Vision konnte er sich nicht erklären. Zwei
Stunden später ging er zum Frühstück und erkannte dort
sofort die beiden länglichen Eier. Seine Frau, da sie seinen
prüfenden Blick bemerkte, befragte ibn darüber, und war
nun sehr erstaunt, zu vernehmen, wie viel Eier ihr ihre
Mutter geschickt hatte. Sie brachte die übrigen, und er
erkannte genau die Besonderheiten des Korbes und der
Eier. Es stellte sich heraus, dass seine Schwiegermutter
bei der Sendung der Eier an ihn gedacht hatte.1)
Genügt also oft der blosse Gedanke des Agenten zur
Vorstellungsübertragung, so mehren sich doch die Fälle in
dem Maasse, als eine psychische Erregung desselben vorhanden
ist, besonders wenn es zur leiblichen Erscheinung
des Agenten kommen soll. Ein sehnsüchtiger Gedanke kann
dazu genügen. Frau Elgie, in Cairo aus tiefem Schlaf
plötzlich erwachend, glaubte von Jemandem gerufen worden
zu sein. Sie setzte sich auf und sah nun beim Mondenschein
die Gestalt eines alten Freundes, den sie in England wusste,
so deutlich, dass sie jedes Detail seiner Kleidung unterschied
, unter anderem drei Onyxknöpfe u. s. w., die er
gewöhnlich trug. Die Gestalt schien begierig zu sein, mit
ihm zu reden, deutete aber dann nach der anderen Seite
des Zimmers. Dort sah Frau Elgie ihre im gleichen Zimmer
schlafende junge Reisegefährtin, die sich ebenfalls aufgerichtet
hatte und mit Schrecken nach der Gestalt sah, die sich
zurückzog und verschwand. Die von der Reisegefährtin
gegebene Beschreibung der Gestalt stimmte vollständig mit
der Vision der Frau Elgie überein. Diese dachte, ihr Freund
sei vielleicht gestorben; das war aber nicht der Fall. Als
sie ihn nach einigen Jahren wieder sah und über seine
Beschäftigung zu jener Stunde befragte, konnte er sich
nach einigem Besinnen erinnern, dass er sich damals mit
Gedanken quälte, ob er einen ihm angebotenen Posten
annehmen oder ausschlagen sollte, wobei er sehnsüchtig mit
ihr die Sache zu besprechen gewünscht hatte.2)
Die Fernwirkung tritt also durchaus nicht immer gewollt
und bewusst ein; das Bewusstsein des Agenten könnte eher
eine erschwerende Bedingung sein, und selbst wo es vorhanden
ist, kann es doch nur als der erste Hebel angesehen
werden, der die Fern Wirkung weckt, aber nicht erzeugt.
Wir finden dann auch Fernwirkung bei herabgesetztem
*) Derselbe. 78.
*) Derselbe, 873- 375.
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