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160 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 4. Heft. (April 1894.)
verboten, Recepte zu verschreiben. Das darf nur ein
Arzt... Nun ordnete der Schlofer im hypnotisirten Zustande
die Recepte an, und Dr. Grosse schrieb sie auf... Die Nichte
Wolff und Dr. Grosse sind wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt
. — „Strassburger Bürger-Ztg." Nr. 53 v. 3. März er.]
Die Angeklagte Wolff [eine ungemein klug aussehende
und gewandte Person — „Strassburger Post" Nr. 163 v.
3. März er.] giebt an, dass sie den Jost durch Ansehen eingeschläfert
habe. — Auf Anweisung des Vorsitzenden nimmt
die [Nichte] Cäcilie Wolff die Hypnose vor. [Nun erfolgt
eine originelle Scene voll dramatischer Spannung. Der
Schlofer behauptet bekanntlich, in eingeschläfertem Zustande
Kranke heilen zu können. — „Strassburger Bürger-Ztg."
Nr. 53 v. 3. März er.] — Der Schlofer wird in einen Sessel
gesetzt, die Wolff setzt sich ihm gegenüber, dass sie seine
Kniee berührt, sieht ihn scharf an und fasst seine Hände.
[Dann steht sie auf und bestreicht ihn, ohne ihn anzurühren.
Die Augen Josfs haben sich geschlossen, es geht zuweilen
ein Zucken durch seinen Körper, er scheint endlich ganz
eingeschlafen. — „Strassburger Post" Nr. 136 v. 3. März er.]
Nach einigen Minuten fallen dem Jost die Augen zu, und
nun macht sie in der Luft schwebende Bewegungen. [Die
Wolff streicht mit den Händen in mystischer Weise verschiedene
Male über die Stirne. ♦ . Der Schlofer ist dem
Diesseits entrückt. ..] Er ist eingeschläfert. Die Professoren
Dr. Naunyn und Dr. Fürstner und Creheimrath Krieger betasten
ihn und betrachten seine Augen.
[Die Sachverständigen umdrängen ihn. — Ach, das ist
ein eigenthümliches Ding um diese Sachverständigen. Die
sind den ganzen Tag erregt, als ob sie Angeklagte wären.
Die Angeklagten sitzen ruhig da, als ob sie Sachverständige
wären. . . Dieser Schlafzustand also ist es, in dem der
Schlofer kurirt — und die Kranken zweier Welten heilt.
Welche Völkerwanderung zu dem stillen, weltentlegenen
Dorlisheim. — Die ganze Welt entsendet ihre Patienten. . .
Alles, was die ärztliche Kunst aufgegeben hat, drängt sich
zum Schlofer. . . Aus Prankreich, England, Amerika kam
man herbei. Vierzig bis fünfzig Kranke waren täglich da,
— sehr noble Patienten dazu, — auch Arme, die der Schlofer
gratis behandelte, während die Reichen 4 Reichsmark blechen
mussten. .. Das heisst, gefordert wurde nichts... Man gab
aus freien Stücken. Ein eigener Wagen fuhr täglich an
die Eisenbahnzüge für die Patienten des Schlofers. . . Doch
zurück zu dem hypnotisirten Jost. — „Strassburger Bürger-
Ztg." Nr. 53 v. 3. März er.] Auf Anweisung des Präsidenten
weckt die Wolff den Jost durch ähnliche Bewegungen. All-
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