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Wittig: Ein hellsehendes Heilmedium im Kampfe ete. 185
Der von der Verteidigung geladene Dr. Georg v. Langsdorf
tritt in sehr langer Rede für den Spiritismus ein und
berichtet über verschiedene Fälle von Hellseherei. — [Er
will hinsichtlich des Ausdrucks „Curpfuscher" an ein Wort
des Fürsten Bismarck erinnern, das dieser in Bezug auf
einen die Naturärzte betreffenden Vorschlag VirchonJ* gebraucht
habe: — „Wem die Natur die Heilkraft verliehen
hat, dem soll sie von der Polizei nicht genommen werden/1
— Der ganz in spiritistischen Anschauungen lebende Redner
findet, dass in der medicinischen Staatsschule Wissen und
Können nicht auf gleicher Stufe stehen, und verbreitet sich,
vom Vorsitzenden häufig unterbrochen, über Dinge, die dem
eigentlichen Gegenstande der Verhandlung ziemlich fern
liegen, Spiritismus bei den alten Aegyptern, Erfahrungen,
die er in Amerika gesammelt hat u. s. w. Zur Sache selbst
bemerkt er, dass er infolge einer einmaligen Beobachtung
Josfs zu dem Urtheil gekommen sei, dass von Simulation
bei diesem keine Rede sein könnte. Aehnliche Fälle von
Telepathie will er häufig beobachtet haben. — „Post" Nr. 167. ]
Herr v. Langsdorf? hat inzwischen folgende Berichtigung
eingesandt: —
An die Redaction der „Freiburger-Zeitung"
Nr. 55 v. 9. März 1894, 2. Blatt, III. Jahrg.
Sie wünschen von mir einen genauen Bericht meiner
Aussagen als Sachverständiger, die, wie überhaupt Vieles
beim Prozesse des Schlofers von Dorlisheim Vorgekommene,
in den Journalen immer kurz und oft falsch angegeben
wurden. Ich komme Ihrem Wunsche ura so lieber entgegen,
als die „Strassb. Post" meine Zeugen-Aussagen unrichtig
hat, indem ich gesagt haben sollte, dass Jost meine Frau
geheilt habe. Ich erwarte von der „Strassb. Post", die ich
durch eine Postkarte um Richtigstellung ersuchte, einen
Widerruf; denn ich habe als Zeuge gesagt, dass Jost durch
eingeschicktes Haar meiner Frau dasselbe Urtheil gefällt,
wie noch drei andere von mir konsultirte Hellseher, dass
nämlich die Krankheit meiner Frau kein Mutterkrebs sei,
und dass er nur die Schmerzen nehmen könne.
Bei meiner Aussage als Sachverständiger begann ich
mit der Einleitung, dass solche Gerichtsfälle seit zehn bis
zwölf Jahren nichts Ungewöhnliches mehr seien und einen
Kampf darstellen zwischen dem Wissen der Schulmedicin
und dem Können der Naturheilung, und dass das Bestreben
Virchow'8, als er 1871 eine Vorlage verfasste, worin ein
Paragraph war, dass die diplomirten Aerzte vor den sog.
Naturheilern zu schützen seien, durch unseren grossen
Bismarck annullirt worden sei, der einen Strich durch den
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