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Wittig: Ein hellsehendes Heilmedium im Kampfe etc. 193
den Kreisen der in ihrem Erwerbe betrogenen Aerzte."*)
Auf dieses Diktum eingehend, legt der Yertheidiger dar,
dass es durch die Verhandlung im vollen Masse bestätigt
sei. Es giebt keinen Ankläger hier als den von Staatsund
Amtswegen berufenen öffentlichen Ankläger, den Kaiserl.
Staatsanwalt, und dennoch werde die Anklage mit kolossaler
Wucht, mit allen Mitteln, die der Behörde zu Gebote
stehen, geführt. Trotz der Unschuld des und der Sympathie
für Herrn Jost in den weitesten Ländern könnte sich das
Sprichwort bewahrheiten: — „Viele Jäger sind des Hasen
Tod." — [Der Redner glaubte doch darauf als ungewöhnliche
Erscheinung hinweisen zu sollen, dass die vorliegende
Anklage von der Staatsanwaltschaft eingeleitet worden sei,
ohne dass bei ihr die Anzeige eines an seiner Gesundheit
Geschädigten oder sich in seinem Vermögen benachtheiligt
glaubenden Patienten Josfs eingelaufen sei. Alle Patienten
Josfs seien dessen Freunde bis auf die acht Personen der
Anklage. — „Post4' Nr. 467.] So erdrückend sei der ver-
fasste Beweisstoff gegen den Angeklagten, dass man leicht
denken könne, Herr Jost habe nur noch einen Freund, seinen
Vertheidiger; aber nein, die Zahl seiner Freunde sei gross,
es sei die grosse Zahl von Patienten, die ihm das Leben
danken. Des Herrn Staatsanwalts kalte Ironie könne daran
nichts ändern. — Gegenüber der Andeutung des Anklägers,
dass der als Autorität bekannte Prof. Bernheim der Einladung
des Vertheidigers aus Misstrauen gegen die Persönlichkeit
und bona fides des Angeklagten keine Folge geleistet
habe, betont der Vertheidiger unter Verlesung des
von dem genannten Gelehrten an ihn persönlich gerichteten
Schreibens, dass diese Behauptung unrichtig und Prof.
Bernheim zu Nancy lediglich deshalb nicht erschienen sei,
weil in Frankreich, im Gegensatz zur deutschen Gesetzgebung
, die Kurpfuscherei als solche strafbar sei. Unter
Berufung auf einen ihm bekannten, gleich gelagerten Fall
in Belgien habe im Gegentheil Bernheim darauf hingewiesen,
dass man häufig vorschnell betrügerische Manipulationen
untersteile, während schlimmsten Falls nur Selbsttäuschung
und gutgläubige Ekstase vorliege. Hiermit stehe im Einklang
, dass der bedeutende Psychiatriker Prof. Dr. Forrel
zu Zürich, der an der dortigen Hochschule die gleiche Stelle
einnehme, wie der erschienene Sachverständige Professor
Dr. Fürstner in Strassburg, gleichfalls Zweifel gegen die
*) Man vgl, hierzu: — „Ein böswillig denunzirter Magnetiseur
[Willy Reichel in Berlin]44 in „Psych. Stud." März-Heft 1894, XXI. Jahrg.,
8. 130 ff. Der Sekr. d. Red.
Psychische Studien. April 1894. 13
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