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260 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1894.)
Mutter seinen moralischen Einfluss zu verstehen geben
wollte! —
Die Aerzte müssten mit hellsehenden Medien darüber
studiren.*) Wir können nur wiederholen, dass grossartige
Phänomene durch das Gesetz der Wiedermenschwerdung
sich erklären; Erklärungen, um die sich manche starke
Geister umsonst bemüht haben.
St Augustinus konnte nicht begreifen, dass die Barmherzigkeit
Gottes unendliches Leiden in unschuldigen
Kindern zuliesse. Für uns Glaubende an die Wiedermenschwerdung
sind solche Leiden eine Busse für vorhergegangene
Existenzen. Finden wir nicht unnatürliche
Mütter mit der elenden Lust, ihre eigenen Kinder zu verfolgen
, zu quälen? In der Thierwelt geschieht das nicht,
— also muss man glauben, dass das arme Opfer im vergangenen
Leben — Henker gewesen sei. Die Mutter fühlt,
ohne sich darüber Rechenschaft geben zu können, einen
unwiderstehlichen Hass gegen die Frucht ihres Leibes.
Auch der frühzeitige Tod eines geliebten Kindes kann als
Prüfung oder Strafe der Eltern angesehen werden.
Es stirbt in Mailand ein sehr geachteter Beamter.
Nach einigen Tagen wünscht die Familie des Verstorbenen
ein Medaillon, welches im Sarge vergessen wurde, zurück
zu haben. Man öffnet den Sarg, und ein entsetzlicher
Anblick stellt sich dar: — Die Leiche lag umgekehrt und
die rechte Hand abgefressen. Der unglückliche Mann war
scheintodt begraben worden! Die spiritistische Gesellschaft
in Paris rief seinen Geist herbei, und er gestand mit Hülfe
eines schreibenden Mediums, dass er diese Strafe verdient
habe, weil er in früherer Existenz seine lebende Frau aus
Eifersucht in einem Keller vermauert hatte! —
Ein ehrwürdiger Priester, den ich kenne, sah eines
Abends, in einer schmutzigen Winkelstrasse Neapels im
Kothe sitzend, die Gestalt einer noch schönen Frau, die
ihn hochmüthig und zugleich zerknirscht anblickte. Es
fehlte ihm der Muth, sie anzusprechen, — und er ging eilends
zur Baronin C. —, die ich als ein ausserordentliches
magnetisches Medium anerkennen muss; durch sie erfuhren
wir, dass das vom Priester gesehene stolze Weib der Geist
der Messalina war. —
Und so erhält ein Jeder für sein Leben und Thun die
*) Wir können hierbei noch auf das höchst beachtenswerte
Werk von Andrew Jackson Davis x — „Der Reformator." (Leipzig,
Oswald Mutze, 1869) verweisen. — Man vgl. hierzu unsere Note in
, Psych. Stud." Juni Heft 1881 S. 262. — Der Sekr. d. Red.
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