http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1894/0326
318 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1894.)
wie es uns die Religion lehrt, die menschliche Seele unsterblich
? — Um die Unsterblichkeit nachzuweisen, erörterte
er zunächst, wie jedwedes Geschöpf durch seinen Körperbau
seine Lebensweise und seine Bestimmung gekennzeichnet, und
wie man den einzelnen Gliedern ansehen kann, wozu sie da
sind. Das höchste Wesen, der geistige Mensch, kann davon
keine Ausnahme machen. Die Beschaffenheit der Seele ist
in ihren grossen Verhältnissen eine einfache. Ebenso wie
die Erde nur durch die Schwer- und Schwungkraft gehalten
wird, so wirkt in unserer Seele das Verlangen, glücklich zu
sein, und die Nächstenliebe, das Denken an Andere, ist
eigentlich eine Feindin des menschlichen Leibes, denn sie
fordert Opferwilligkeit: — Geld und Arbeit, ja sogar unser
Leben. Sie würde also nicht dazu stimmen, dass Jedermann
glücklich sein will, wohl aber hat sie einen ausgezeichneten
Sinn für ein anderes Leben, zu dem der Mensch Alles
hergiebt, um im Jenseits vor Gottes Angesicht bestehen zu
können. Was wissen wir aber nun vom Jenseits? Durch
die Entwickelung der modeinen Wissenschaften, vor Allem
durch das Kopernikanische Weltsystem und durch die
elektrisch-ätherische Beschaffenheit des Menschen, erschliesst
sich uns Manches, was darauf Bezug hat. In der Urzelle
ist bereits Alles enthalten für den zukünftigen Menschen,
und aus ihr stammen Millionen Zellen, die den elektrischen
Geist in sich tragen. Beim Tode des Menschen schält sich
das Geistige aus ihm heraus zum besseren Leben im Jenseits,
während die äussere Hülle abgestreift wird. Die Räume
sind erfüllt von den Geistern unserer Lieben. Der Lichtäther
, der in den Räumen herrscht, ist so dünn und zart,
dass sie den Bewegungen, die in ihnen vorgehen, keinen
Widerstand zeigen. Ein körperlicher Mensch könnte in
diesen Aetherräumen nicht leben, wohl aber der elektrisch»
ätherische Mensch. Es wird aber ein Unterschied sein in
den Seelen, die sich von der Materie befreit haben, um im
ganzen Weltraum vordringen zu können. Der Spiritismus,
der sich mit dem Jenseits befasst, ist absolut
nicht zu verwerfen. Er zählt heute schon Millionen
Anhänger, obgleich er noch von mancher Seite verachtet
wird. Es mag zugegeben werden, dass noch Manches an
ihm verfehlt ist; ebenso aber wie das Christenthum vor
2000 Jahren auch noch verachtet war, so wird auch für
ihn eine Zeit kommen, wo er sich volle Geltung
verschafft haben wird. Das Wesen des Spirtismus
entspricht einem nothwendigen Geistesbedürf-
niss des Menschen. Die Chemie lehrt, dass der Mensch
zusammengesetzt ist aus denselben Stoffen wie die todte
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1894/0326