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Kurze Notizen.
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ist die Notwendigkeit und Verpflichtung gegeben, die
Ueberzeugung von der Existenz eines reinen
Geistes, den Unsterblichkeits- und Gottesglauben
zur Grundlage unseres Gemüthslebens
zu machen. Das Herz darf und mass alle Zweifel von
sich weisen, Gedanken beweise verschmähen, eine schlichte,
starke, frohe Gläubigkeit in sich entwickeln. — Dieser
Gedankengang lässt sich in zwei Werken darstellen, einem
kulturhistorischen, welches an der Geschichte der
einzelnen Institutionen menschlicher Gesittung — z. B. der
Ehe — Existenz, Wirksamkeit und Gesetze jenes ,Instinctes
zur Vollkommenheit' nachweist und entwickelt; einem zweiten,
popularphilosophischen, welches die Folgerung auf Gott,
ünsterblichkeit und Reich der Erfüllung aus jenem überzeugend
erwiesenen Postulat zieht —* — Und die ringende
Seele des Denkers, die in dieser Nacht endlich ein Thor
zum Himmel gefunden, einsam grübelte und gestaltete, und
nicht merkte, wie wieder einmal über redlicher Arbeit der
Morgen allmählich begann, graue Dämmerung in das stille
Gemach hinein zu hauchen, erfüllte sich mit einer tiefen,
heiligen Glückseligkeit, als sie diesen Ausgang gefunden,
der sie endlich aus ihrer Finsterniss zum Licht zu bringen
versprach." — Wir empfehlen diese Arbeit, welche inzwischen
schon als Buch erschienen sein dürfte, der freundlichen
Beachtung unserer Leser.
d) Herr Prof. Dr. Srieger in Leipzig giebt uns, von
der Universität und den Vertretern der exacten wie philosophischen
Wissenschaften zur Zeit noch verfehmten
Spiritualisten und Spiritisten, die sich fest an die Thatsachen
des Mesmerismus, Hypnotismus und Mediumismus hielten
und noch halten, während alle Welt sie früher als Abergläubische
oder Schwindler verspottete, in seinen Artikeln
„Zur Besetzung des Lehrstuhls für Pädagogik an unserer
Universität" im „Leipziger Tageblatt" Nr. 349 v. 11. Juli
1893 einen grossen Trost durch folgende Worte. Zuvor
sagt er, dass die Pädagogik sehr wohl eine selbstständige
Wissenschaft sei, wenn sie sich auch auf die Ethik und die
Psychologie [aber fragt nur nicht, auf welche!] und deren
für sie in Betracht kommende Sätze stützen müsse. „ Wer
freilich daraus, dass die Pädagogik ihre Sätze anderen
Wissenschaften entlehnt, also keine eigenen Principien hat,
folgern wollte, dass sie eben deshalb keine Wissenschaft
sei, dem würde man entgegnen müssen, dass auch z. B. die
Medicin, die Astronomie und verschiedene andere Wissenschaften
, namentlich alle technischen, aus der Liste der
Wissenschaften gestrichen werden müssten. Es dürfte dann
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