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Athanassula: Ein Spiegelgesicht des Löwen ?on Janina. 463
ernst und düster das Schwert über sein Haupt. Ali Pascha
wandte sich ab und verlangte nichts mehr zu wissen. Die
Zauberer waren gezwungen, die einstige Erfüllung des
Vorgesichts zuzugeben, und vermochten den Pascha nur mit
der Hoffnung zu vertrösten, dass das Eintreffen möglicherweise
ein sehr spätes sein dürfte. Und konnte nicht die
Vollstreckung des Urtheils durch einen glücklichen Zufall
gehindert werden? Ali hatte ja den Ausgang nicht sehen
mögen.
Aber der „Löwe von Janina" war nicht dazu angelegt,
die Entscheidung des Schicksals in ruhiger Ergebung zu
erwarten; er gedachte vielmehr, durch Hinwegräumung des
fatalen Passobey das Verhängniss von sich abzuwenden.
Ismayl Bey wurde rechtzeitig davor gewarnt. Nach der
Ueberlieferung war dieser eben auf einer Reise nach
Konstantinopel begriffen, als er zu Larissa ankam, wo Alfa
Sohn Pascha war. Er kehrte bei seinem Verwandten ein
und rastete dort eine Nacht. Während die Freunde beim
fröhlichen Mahle sassen, kam ein Bote mit einem Briefe
von AU an seinen Sohn,
Das Schreiben enthielt die Weisung, den Passobey, der
sich auf dem Wege nach der Hauptstadt befand und wahrscheinlich
ihn aufsuchen werde, meuchelmörderisch aus dem
Wege zu schaffen. Alfs Sohn, der viel getrunken hatte,
war nicht in der Stimmung, einen Mord zu veranlassen;
ja, in seiner Weinseligkeit fühlte er sich vielmehr getrieben,
dem lustigen Genossen den erhaltenen Brief zu zeigen. In
der Nacht, als Alles schlief, machte sich Ismayl Bey wohlweislich
auf und davon. Seine Eettung — das war ihm
klar — hatte er nur dem Rausche seines Vetters zu verdanken
. In Konstantinopel angekommen, errang er bald die
Gunst von Halet EffendL Nun geschah es nach einiger Zeit,
dass Veli Pascha, des Ali von Janina zweiter Sohn, von
Larissa nach Naupakto versetzt wurde, was soviel als wie
eine Zurücksetzung und Beschimpfung galt, die von Ali den
Umtrieben seines Vetters zugeschrieben wurde. Da beschloss
AU in seiner Wuth, den Passobey durch drei von ihm bezahlte
Albanesen ermorden zu lassen. Die Mörder feuerten ihre
Waffen auf den Günstling Halet EffendH ab, doch sie trafen
ihn nicht; sie wurden vielmehr festgenommen und bekannten
Alles vor ihrer Hinrichtung. Ali wurde aufgefordert, nach
Konstantinopol zu kommen, um sich vor dem Sultan zu
rechtfertigen. Sein Nichterscheinen wurde als offene Empörung
erachtet, weshalb man einen Trupp Bewaffneter mit
Ismayl Bey an der Spitze gegen ihn abschickte. In der
Festung von Janina mit etlichen Tausenden eingeschlossen,
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