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498 Psychische Studien. XXI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1394.)
— ,nur Verwalter des Landes, während der Rajah ein
Kind war!' —
„'Das ist wohl dasselbe', — entgegnete der Brahmane,
— 'denn Ihr wäret allmächtig und regiertet das Volk gerade
so, wie ein Fürst! Auch Kummer habt Ihr erduldet, Herr;
als Ihr damals bei uns gewesen seid, wäret Ihr unvermählt,
und jetzt habt Ihr, wie ich höre, Euer Weib und einige
liebe Kinder verloren. Ich schrieb auch das. Ich sah alles
deutlich voraus, — hier steht es. Man sagt mir ferner, dass
Ihr nicht reich seid, obwohl viele Laks Rupien durch Euere
Hände gegangen sind. Habe ich Euch das nicht prophezeit?'
„ ,Nein, reich bin ich wahrlich nicht', — antwortete ich,
—- ,im Gegentheil habe ich manche drückende Sorgen gehabt.'
„'Sie konnten nicht vermieden werden1, — sagte er, —
'denn, wie ich Euch vor nunmehr 25 Jahren voraussagte,
seid Ihr zur Arbeit geboren und nicht zu vornehmem
Müssiggange, und so wird es auch bleiben. Wenn Ihr diese
Papiere braucht, gebe ich sie Euch gern, wenn nicht, so
lasst sie mir.' — So redend nahm er Abschied, trat später
eine Pilgerfahrt nach Nassik an und starb daselbst. Ich
kann mir keine Rechenschaft für diese Wahrsagung geben
und erzähle nur, wie es sich ereignete. Als ich meinen alten
Freund Baba Sahib benachrichtigte, wie seltsam das mir
gestellte Horoskop in Erfüllung gegangen sei, zeigte er sich
nicht im mindesten überrascht.
„'Wir Brahmanen', — meinte er, — 'glauben an Astrologie
, während Ihr Engländer darüber lacht; wenn aber ein
Sachverständiger das Horoskop wissenschaftlich berechnet,
so sind die Folgerungen selten falsch. Ihr solltet nach
Berar gehen, und trotzdem hat Euch das Schicksal, selbst
gegen Eueren und des Residenten Willen, zur festgesetzten
Zeit wieder nach Tooljapoor gebracht. Könnt Ihr daran
noch zweifeln? Liegt nicht doch vielleicht mehr Wahrheit
in der Astrologie, als Ihr glaubtet?' — Angesichts der
einfachen Thatsachen, wusste ich darauf nichts zu erwidern."
Einen zweiten Fall erzählt Taylor S. 209: — „In sehr
merkwürdiger Weise legte mir damals (d. h. 1844 in
Shorapoor) ein Brahmane, den ich nie zuvor gesehen hatte,
mein bisheriges Leben dar. Zunächst sollte es unter dem
Einflüsse des „Mondes", dann. unter dem der „Venus", des
„Saturn" und endlich unter dem des „Brihasputs" oder
„Jupiters" gestanden haben. Mein Lebensalter konnte der
Mann unmöglich gewusst haben, hatte es aber richtig auf
36 Jahre berechnet, und alles, was er sonst über Krankheit,
Glück, Verluste und Enttäuschungen gesagt, erwies sich
thatsächlich als wahr. Leider konnte er meinen Wunsch,
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