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Dr. Ullrich: Einige „geheime" Lehren der indischen Weisen. 499
die Art und Weise dieser seltsamen Berechnung kennen zu
lernen, nur in der Sanskrit-Sprache erfüllen, was für mich
werthlos war, da ich dieselbe nicht kannte; doch erregten
seine Angaben das Interesse meines Vaters und aller Bekannten
daheim.*' —
Ein drittes Horoskop bezieht sich auf den jungen
Rajah, für welchen Taylor während dessen Minderjährigkeit
die Regierung führte. Taylor berichtet S. 225, dass die
auf dem Sterbebette liegende Rani (d. h. indische Fürstin)
ihn kommen Hess und zu ihm sagte: — 'Ich werde sterben
und muss Ihnen Alles erzählen. Sie sind das Oberhaupt
des Staates und der Familie, darum müssen Sie Alles wissen/
— Hierauf sandte sie nach dem Purohit (Priester der
Familie), einem dem Oberst Taylor wohlbekannten Manne, der
zugleich Professor am Sanskrit-Kollegium war, hiess ihn
einen gewissen Kasten, der die geheimen Familienpapiero
enthielt, holen und bat ihn, denselben mit dem - Schlüssel,
den sie am Halse getragen, zu öffnen. Er zog eine mit
rother Seide umwundene Rolle hervor, und auf das Gebot
der Rani hin gab er die folgende Erklärung: — ,Es ist
nicht dazu angethan, es Euch vorzulesen4, — flüsterte der
Priester mir zu, — ,es ist das Horoskop des Rajah, das
ich nach der Zeit seiner Geburt und der Stellung der
Gestirne entwarf. Das Resultat ist ungünstig/ — 'Ja, es
ist ungünstig', — schrie die Rani, — 'es ist schlecht. Alles,
was diesen niedrig gebotenen Knaben betrifft, ist schlecht!
Warum starb sein Vater? Er wird den Staat zu Grunde
richten! Er ist vom Schicksal dazu bestimmt, im vierundzwanzigsten
Lebensjahre zu sterben! . . . Vor vollendetem
vierundzwanzigsten Jahre ist er todt, denn mein Gatte und
ich sandten die Prophezeiung nach Nassik, nach Benares
und überall hin, wo es weise Brahmanen giebt, aber sie
alle gaben dieselbe xlntwort.'" — Nachdem sie ihre Worte
noch einmal vom Priester hatte bekräftigen lassen, musste
Taylor schwören, das Geheimniss Niemand vor dem Tode
ihres Sohnes zu verrathen. Der Kasten wurde hierauf vom
Brahmanen und dem Oberst Taylor in Gegenwart der Rani
mit dem grossen Staatssiegel geschlossen, und Taylor zur
Verwahrung übergeben.
Dies geschah im Jahre 1847. Die Prophezeiung ging
in Erfüllung im Jahre 1858. Der junge Rajah hatte sich
zur Empörung« gegen die Engländer verleiten lassen, er war
gefangen genommen und in Hyderabad vor Gericht gestellt
worden. Die Erzählung Taylor^ lautet nun (S. 390): —
„Wenn es auch jetzt noch sehr fraglich schien, ob er mit
dem Leben davon kommen werde, so schrieb mir doch der
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