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Kurze Notizen. 511
Privathäusern und überhaupt nicht öffentlich abhalten, hat
der Stadtrath nachstehende Verfügung erlassen: —
„Schon seit längerer Zeit sind in Privathäusern Zusammenkünfte
von Personen verschiedenen Geschlechts
und Alters veranstaltet worden, in denen religiöse Erbauungslieder
gesungen und Gebete gesprochen wurden. Hierbei
ist hin und wieder eine oder die andere der anwesenden
Personen in einen krampfartigen Zustand der ßewusstlosig-
keit oder in einen Zustand der Verzückung gefallen, in
welchem sie scheinbar zu unsichtbaren Personen, z. B. zu
Verstorbenen, redete und Offenbarungen von diesen den
Anwesenden verkündete. — Es wird zunächst darauf
aufmerksam gemacht, dass alle Versammlungen zu gottesdienstlichen
Zwecken, mit Ausnahme der zur regelmässigen
kirchlichen Erbauung nach der Verfassung der einzelnen
Confesionen dienenden, nach § 2 des Gesetzes, das Vereinsund
Versammlungsrecht betreffend, 24 Stunden vor dem
Zusammentritt beim Stadtrath anzumelden sind, widrigenfalls
die Strafbestimmungen in § 33 des genannten Gesetzes
Anwendung finden. — Ferner aber wird, da die Beobachtung
der geschilderten, nach ärztlichem Ausspruche krankhaften
Zufälle die Erkrankung gesunder Personen zur Folge haben
kann und schon gehabt hat, aus gesundheitspolizeilichen
Gründen Folgendes angeordnet: —
„Diejenigen, welche die Abhaltung von Versammlungen
in ihren Wohnungs- oder sonstigen Räumen gestatten, sind
zur Vermeidung von Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft
bis zu zwei Wochen gehalten, zu den Versammlungen solche
Personen nicht zuzulassen, bei welchen der zu Eingang
dieser Bekanntmachung erwähnte Zustand schon einmal
eingetreten ist; sie sind ferner bei gleicher Strafe verpflichtet,
falls während der Versammlung eine Person in den
bezeichneten Zustand verfällt, entweder dieselbe sofort aus
dem Versammlungslocal zu entfernen, oder die Versammlung
unverzüglich zu schliessen und während der Dauer des
Zustandes nur den Angehörigen, den Aerzten und den in
amtlicher Eigenschaft erscheinenden Personen die Anwesenheit
zu gestatten. — An alle Einwohner der Stadt aber
richten wir die Aufforderung, Zuwiderhandlungen gegen
vorstehende Vorschriften zur Anzeige zu bringen und sich
selbst sowohl, wie «die ihrer Fürsorge und Aufsicht anvertrauten
Personen von einem Treiben fernzuhalten, welches
Geist und Körper zerrüttet und auch auf die Nachkommenschaft
gesundheitsschädlich einwirken kann. — Es wird auch
davor gewarnt, sich durch betrügerische Vorspiegelungen
sogenannter Media, als ob durch sie Gott, der heilige
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