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Insp. S.: Spukhafte Erscheinungen aus einer Mittelstadt. 525
Meinung, dass seine Familie heimkehre und ihn überraschen
wolle, steht er lächelnd auf mit den Worten: — «Nun,
seid Ihr wieder da?" — Es war Niemand vorhanden, wohl
aber schmiegte sich unser Hund, welcher mit auf dem
Sopha lag, ängstlich an meinen Vater. Nach einer Stunde
erst kehrten meine Angehörigen zurück, ohne dass von ihnen
eine dementsprechende Wahrnehmung gemacht worden war.
Folgendes Ereigniss regte meine Eltern, die sonst wenig
Werth auf alle Vorkommnisse dieser Art legten, doch
etwas auf. An der Seitenwand, kaum zwei Schritte von
dem oben beschriebenen Sopha und Coulissentisch mit
seiner Ausstattung, befand sich die Thüre zum Schlafzimmer.
Das Bett meines Vaters befand sich in unmittelbarer Nähe
der Thüre, während das meiner Mutter etwas weiter zurückstand
; die Thüre selbst wurde des Nachts weit offen gelassen
, Licht nicht gebrannt.
Eines Abends, vielleicht gegen 11 Uhr, hatten sich
meine Eltern zu Bette begeben; sie sprachen noch mit
einander, als mit einem furchtbaren Getöse der vor dem
Sopha in der Wohnstube stehende Coulissentisch umfiel,
Lampe, Schreibzeug, Wasserflasche und Glas zerbrachen
und die Glasscherben über den Fussboden rollten. Mit
dem Ausrufe, der Hund hat gewiss den Tisch umgeworfen,
sprang mein Vater aus dem Bette, brannte sofort Licht
an und begab sich in die Wohnstube. — Der Tisch mit
Zubehör stand ohne alle Veränderung an seinem Platze,
nichts war zu finden, was das Geräusch verursacht hätte,
nur unser Hund lag in eine Ecke des Sophas gedrückt
und heftig zitternd.
Wunderbarer Vorfall,
Erzählung des Vaters Nikolai.*)
(Aus dem „Strannik" („Der Pilger.") Geistliches Journal in
St. Petersburg, Monat Februar 1894.)
Aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt
von Frau Marie von IjOng'OWSkoy in Odessa.**)
Im Jahre 18 ♦ . musste ich Winters eine grosse Reise
machen. In diesem Jahre war der Winter besonders
*) Der Antor verbürgt sich für die Wahrhaftigkeit des erzählten
Falles, den er so viel als möglich wiedergiebt mit den Worten des
hochverehrten Greises, des Vaters Nikolai. —
Anm. d. russ. Verf. X>. W*
**) Vgl. meine Note zu — „Warnungsträume des Metropoliten
Philaret" — in „Psych. Stud.", Oktober-Heft 1894, S. 473.
D. Sekr. d. Ii ed.
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