Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
21. Jahrgang.1894
Seite: 590
(PDF, 169 MB)
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590 Pßycbische Studien. XXL Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1894.)

Dr. Hanel selbst erklärt, einige Fälle übrig, wo eine
erklärende anatomische Grundlage fehlt. Das
nennen die Aerzte dann nervöse Erkrankungen, d. h. sie
verstecken sich hinter einer Phrase, weil ihnen die Erklärung
wirklich noch fehlt. Aber es giebt auch Fälle, wo wegen
herabgesetzter, oder erloschener Hörfähigkeit der Patienten
die Konstatirung anormaler, anatomischer Veränderung (und
wohl überhaupt der sogenannten Geräusche) unmöglich ward,
wo eine subjective Sinneswahrnehmung schliesslich einfach
fehlt. Und dennoch hat der „Kranke" Sinneswahrnehmungen,
hört er Stimmen, welche mit ihm sprechen, und erhält Mittheilungen
vielleicht sogar von Seiten solcher Menschen,
welche schon todt sind. Und das ist nicht etwa nur der
Fall bei schwachsinnigen, abergläubischen Menschen, sondern
auch bei Leuten, bei denen kein Intelligenzdefect zu
konstatiren ist.*) Diese „Acoasmen" sind oft mit „Visionen"
verbunden, obwohl das Auge und seine Theile völlig gesund
sind. Die Möglichkeit innerer psychischer Wahrnehmung
liegt in solchen Fällen immerhin näher, meinen wir, als eine
Wahnsinnserklärung. Dies ist der Standpunkt, von welchem
aus man die von Dr. Hanel ausführlich behandelte Krankengeschichte
prüfen muss und hätte prüfen müssen, ehe man
„Hallucinationen" diagnosticiren konnte. Auf diesen einen,
den Hauptfall, auf welchen sich die Abhandlung des Herrn
Dr. Hanel stützt, möchte auch ich etwas näher eingehen.

Der in der Landesirrenanstalt zu Jena behandelte
Patient Gustav P., geboren am 15. April 1860, hat keinen
Intelligenzdefect und volles Krankenbewusst-
sein. Anfangs, im Jahre 1872, wurde er durch Klingen
im rechten Ohr aus dem Schlafe geweckt. Dasselbe verschwand
, und es entwickelte sich ohne Krankheitserscheinung
Schwerhörigkeit. Nach einer Kur im Jahre 1878 trat
Besserung ein. Der Patient errichtete am 1. April 1888
ein selbstständiges Geschäft. Ein halbes Jahr vor diesem
Zeitpunkte verwandelte sich das „Ohrensausen", welches sich
wieder eingefunden hatte, in „Stimmenhören** und zwar, wie
er selbst sagt, infolge gemüthlicher Erregung durch Streit
mit einem Kollegen, welcher ihn, wie er glaubte, um die
Gunst seines Prinzipals gebracht hatte. Er vernahm die
Stimme seines Kollegen, welche ihm verschiedene Schimpfworte
zurief, obgleich dieser selbst das letztere Factum in
Abrede stellte. Wie weit freilich die Möglichkeit tele-

*) Der bekannteste literarische Fall ist wohl der des Berliner
Schriftstellers Nikolai, des „Proctophantasmisten" in Goethe^ „Faust" —-

Der Sekr. d. Red.


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