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592 Psychische Studieo. XXI. Jahrg. 12. H< ft. (Dezember 1894.)
die Krankheitsgeschichte des Patienten erzählt hat, geht er
daran, die einzelnen Hallucinationen zu gruppiren und ihren
Einfluss auf den Patienten festzustellen.
Die Haupterscheinungen sind die Gehörstäuschungen,
Acoasmen; der Patient ist sich darüber klar, dass sie in
seinem Kopfe entstehen lind nur von ihm nach aussen
verlegt werden. Er hört die Stimmen in verschiedener
Entfernung und Stärke: — „Meist sind es Stimmen von
seinen Schulkameraden, Verwandten, Geschäftsfreunden; in
jüngster Zeit ist auch eine ihm unbekannte
Stimme hinzugekommen, die ihn besonders
quält... Er vernimmt dieselben nicht durch sein Ohr, sondern
es wird zugleich das Gehirn in Erschütterung
versetzt, und zwar eine ganz bestimmte Stelle des
Schädels, die er bei jeder einzelnen Stimme unterscheiden
kann. Meist ist der Inhalt der Stimmen seinem jeweiligen
Gedankeninhalte nicht gleich. . . Bei jeder einzelnen
Stimme muss er sich, sobald sie auftaucht, erst klar werden,
ob dieselbe Sinnestäuschung ist, oder nicht; ist er sich
darüber klar geworden, so hat er seine innere Ruhe
wieder/*' —
„Was die „Visionen" betrifft, so sind dieselben erst
später als die „Acoasmen" aufgetreten. Er sagt darüber:
— „AVenn ich mich auf die Gehörhallucinationen mehr
einlasse, dann sehe ich eventuell auch Gestalten, manchmal
sehe ich aber die Visionen zuerst und höre
sie dann sprechen." — Es sind die Gestalten von Bekannten
und Geschäftsfreunden, häufig die des Herzogs von Coburg."
Leider fehlt hier die sehr wichtige Angabe, ob es sich
um Lebende oder Todte handelt.
„Die Visionen sind bei offenen, wie bei geschlossenen
Augen." — Er sieht auch Landschaften, Strassen; auch
farbige Visionen kommen vor.
Zu den Acoasmen und Visionen treten nun Gefühls-
hallucinationen: — „Ich spüre" — sagt er — „immer an
meinen Haaren meine persönlichen Feinde; es ist, als ob
Jemand die betreffenden kämmte, das Abgekämmte wird
dann auf den Kopf gebracht; ich habe dabei die betreffenden
Feinde vor Augen."
Man gestatte an dieser Stelle dem Referenten die Frage,
ob hier nicht eine besondere Form der Wahrnehmung
odischer Ausstrahlungen vorliegen könne? —
„Ein ander Mal fühlt der Patient in der Nacht, dass
die Kinder seines Bruders bei ihm im Bette lagen, hat
zugleich auch dieselben gehört und gesehen." —
Ein Herr aus Westfalen erschien ihm eines Nachts,
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