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Reichel: Die Verschiedenheit von Magnetismus u. Hypnotismus. 599
fast von der gesammten Presse der fundamentale Irrthum
begangen worden, dass Hypnotismus mit Magnetismus
verquickt und verwechselt wurde. Es ist daher nöthig, an
dieser Stelle nochmals für den Magnetismus als solchen zu
kämpfen; es existirt eine ungeheure Literatur, zum Theil
von den ersten Capacitäten der medicinischen Welt über
Magnetismus geschrieben. (In meiner zuletzt erschienenen
Broschüre: — „Der Magnetismus und seine Phänomene" —
Berlin, K. Siegismund, 1892, sind genug Mediciner zu finden, die
den Magnetismus als höchste Heilkraft anerkennen.) Auch
ist ja das Urtheil des nun Prof. Dr. v. Nussbaum über
Magnetismus (Dezbr. 1890 S. 5tW ff.) vorhanden, der, als Sachverständiger
vor Gericht berufen, erklärte, dass ein thierischer
Magnetismus, der grosse Kraft besässe, so dass das Berühren
mit den Händen schon Vieles leiste u. s. w„ bestimmt existire.
Desgleichen besitze ich ein Gutachten des Generalarztes
Dr. von Stuckrad vom August er.,*) der, nachdem er die
magnetischen Einwirkungen persönlich kennen gelernt hatte,
schriftlich den Wunsch aussprach, dass diese Methode
gründlichst studirt und in allen Heilanstalten Verwendung
finden sollte. Ich bin durchaus Anhänger der „Psycho-
physik", die A. *T. Davis in seinem allen Forschern
nicht genug zu empfehlenden Hauptwerke: — „Der Arzt"
— (Leipzig, Oswald Mutze, 1873, nur noch antiquarisch zu
beziehen, da es vergriffen ist,) so plausibel darstellt, aber
nicht im Sinne der Hypnose.
Was thut die Hypnose? Durch einen Zwang, der,
falls der Hypnotiseur nicht allein schon genug festen,
energischen Willen besitzt, noch durch starres Hinschauen
auf einen Krystall, oder auch nur einen Finger und darauf
folgende Ermüdung der Seh- und Gelühlsnerven verschärft
wird, versetzt sie den Patienten in einen schlafähnlichen
Zustand, in dem durch den fest concentrirten Willen des
Hypnotiseurs die Gefühls- und Sehnerven gelähmt werden,
— er verfällt in eine Art Katalepsie oder Starrsucht. Abgesehen
davon, dass ein Manipuliren mit einer schlafenden
Person sehr gefährlich ist, da in diesem Zustande der
Perisprit, welcher Leib und Seele verbindet, lockerer ist, so
möchte ich nicht rathen, schwächliche Personen solchem
Zwange zu unterwerfen; denn in beiden Fällen ist Schlag
oft die Folge. Und Hypnose kann nur, wenn der Patient
zum Schlaf gebracht wird, etwas erreichen. Was kann sie
nun erreichen? Meines Erachtens — wenig, und das Wenige
*) S. „Psych. Stud." November-Heft 1894 8. 556 und Dezember-
Heft 1894, die hier folgenden Kurzen Notizen sub /).
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