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Wittig: Beantwortung einiger Fragen d. Ästronomen Schurig etc. 609
des Horoskops" als reelle Wissensehaft wieder in Ehren zu
bringen. Man hat die Wahrheit der Astrologie damit beweisen
wollen, dass das von Georg Wilde dem Präsidenten
Oarnot gestellte Horoskop den Mars im achten Hause zeigte,
folglich einen gewaltsamen Tod bedeute. Wäre es nun nicht
besser gewesen, wenn Wilde dies vor dem Tode Carnofs
veröffentlicht hätte, und warum sollten nicht auch einmal
zufällig einige dem Horoskop entnommene Angaben mit der
Wirklichkeit wenigstens annähernd übereinstimmen? Das
vor einigen Jahren unserem Kaiser gestellte Horoskop
prophezeihte Dinge, die ganz und gar nicht eingetroffen
sind. Ein neuer Astrolog, Namens Borderland, lässt sich
aber nicht abhalten, öffentlich bekannt zu geben, dass er
bereit sei, Jedem das Horoskop zu stellen; damit meint er
jedenfalls diejenigen, welche nicht alle werden. Ein eigentümliches
Zeichen der Zeit ist es, dass es am Schlüsse
unseres „aufgeklärten" Jahrhunderts Leute giebt, die sich
nicht schämen, öffentlich als Astrologen aufzutreten. Mit
solchen Geistesverirrungen hängt offenbar die neuerdings
aufgetauchte „Theosophisterei" und der schon etwas ältere
„Spiritismus" zusammen; hat doch die dem sogenannten
esoterischen Buddhismus ergebene Frau Blavatsky, ohne nur
die Landessprache zu verstehen, die „Geheimwissenschaften"
Indiens an Ort und Stelle zu studiren versucht. Natürlich
wurde sie dort getäuscht und betrogen, setzte sich aber
doch in den Kopf, eine neue Religion zu gründen, und that
Wunder, die zu albern sind, um sie anzuführen. Ihre Anhänger
behaupteten gleichfalls, dass jenseits des Himalaya
ihre Meister wohnten, — und doch konnte Niemand eine
genaue Adresse derselben erhalten, Frau Blavatsky aber
behauptete, von ihnen Briefe durch die Luft zu erhalten.
In den Kreisen dieser Betrogenen und Betrüger hat sich
nun die Sterndeuterei, das Wahrsagen aus der Hand
(Chiromantie oder Palmestrie) und der Spiritismus wieder
Geltung zu verschaffen gesucht Fast noch dümmer und
weit schädlicher als jene Wahrsagerei ist aber entschieden
der Spiritismus. Warum fragt sich der Spiritist nicht, wie
es möglich ist, dass die Geister, und zwar so viele Geister
unserer erhabensten Männer, nichts Besseres wissen und
ausführen können, als lächerliche und läppische Kindereien
(Klopfen, verstecktes Schreiben, Fesseln mit Stricken u. s. w.);
warum können «de dies nur im Verborgenen und im Dunkeln,
da für sie doch der hellerlichte Tag und das Unverborgene
offenbar weit angemessener wäre; warum giebt es Personen,
welche die unsinnigen Taschenspielereien weit besser nachmachen
, als die Herren Spiritisten selbst; warum werden
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