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Kurze Notizen.
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aller dieser Liberalen. Denn sie wissen nicht, was sie damit
thun, und wen sie noch einmal kreuzigen. Wenn „Liberalismus"
eine freimüthige Gesinnung und freies Denken bedeuten soll,
so sind sie die illiberalsten und beschränktesten Menschen
der Welt, die neben ihrer vorgefassten materialistischen
Meinung und Ansicht keine dieser entgegenstehende That-
sache und Erklärung derselben aufkommen lassen wollen.
Es geht ein klaffender Riss durch die sogenannte gebildete
Welt zwischen Orthodoxismus und theologischer wie anderer
Wissenschaft. So hat der Berliner Nationalökonom
Prof, Dr. August Meitzen jüngst (s. „Leipziger Tageblatt*4
Nr. 586 und Nr. 592 v. 19. November er.) die Thatsache
ausgesprochen, dass ein grosser Theil der protestantischen
Geistlichen das „Apostolikum", das die Kirche bisher als
eine Glaubensvorschrift behandelt hat, nicht mehr glaube
und glauben könne, und der Theologie-Professor D. Meinhold
in Bonn hat sogar die Inspirations-Theorie der christlichen
Religion einen Wahn genannt! (s. daselbst Nr. 59U
und Nr. 598 v. 22, und 23. November er.) — In diesen
Riss vermag nur der moderne Spiritualismus und
Spiritismus mit seinen inspirirten Thatsachen vermittelnd
und versöhnend einzutreten. Das „am dritten
Tage wieder auferstanden von den Todten und aufgefahren
gen Himmel", ferner die „Auferstehung des Fleisches'' und
„ein ewiges Leben", ja selbst das „geboren von der Jungfrau
Maria" vermag nur in und durch den Spiritismus die einzig
richtige, auf experimentell unumstössliche» Thatsachen begründete
und beide Richtungen dereinst versöhnende Lösung
zu finden. Und nur gegen diese prinzipiell ungläubige
Geistesrichtung unserer Zeit, nicht gegen das einzelne Gute,
das ihre Anhänger nebenher mit vertreten, richten wir uns
mit allen Waffen unseres Geistes und unserer Geister! (Vgl.
das im Oktober-Heft 1894 S. 513 ff. über den Liberalismus
Gesagte.) „Nur der Geist ist es, der da lebendig macht, das
Fleisch ist kein nütze! Meine Worte sind Geist und
Leben," — sagte schon Christus (Joh. VI, 64) zu seinen ungläubigen
Gegnern, die seinen Geist mit seinem Leibe
tödten zu können vermeinten.
k) Die „Couvade". — Eine Berichtigung. — Im
Februar-Heft der „Psych Stud.", XXI. Jahrg. S. 87 ff,
S. 89 ff., finde ich ein Keferat über einen Artikel aus „Die
Natur" über die Couvade. Ich habe leider den betreffenden
Aufsatz der „Natur" nicht gelesen, doch ersehe ich aus dem
Beferate in den „Psych. Stud.", dass die Starke'sche Ansicht
über die Couvade scheinbar als eine neue Entdeckung auf
dem Gebiete der Völkerpsychologie gilt. Dies entspricht
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