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Kurze Notizen.
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jetzt vorhandenen uralten Pfarrhause zwischen dem neuangestellten
Pastor Michael Neidhardt und — dem Teufel
stattgefunden hat*) Es ist dies eine so köstlich naive[?]
Historie von der kindlichen Gläubigkeit unserer Altvordern,
dass sie wohl verdient, in dem Wortlaute mitgetheilt zu
werden, wie sie ein vor uns liegendes, halbvermodertes
Schriftstück erzählt. Der Pastor Neidhardt war im
September 1614 an Stelle des verstorbenen, hochbejahrten
Amts Vorgängers Magister Christoph Wild nach Brambach
gekommen und fand, als er das Pfarrhaus bezog, dass darin
der Teufel sich eine Kammer angemaasst hatte
und Niemand, weder bei Tage, noch bei Nacht, sich darin
aufhalten durfte. Der neue Pfarrherr, ein frommer Mann,
beschloss, diesen unheimlichen Hausgenossen zu vertreiben.
Deshalb Hess er in der Teufelskammer sein Bett aufschlagen
und legte sich nach herzlichem Nachtgebet hinein. Plötzlich
erschien der Teufel ,,in abscheulicher Menschengestalt" (!)
und fragte: — „Was machst Du hier? Die Kammer ist
mein!" — Der Pastor antwortete: — „Du lügst, Teufel; die
ganze Pfarrwohnung ist mein, also auch die Kammer, so
lange ich lebe." — Darauf begann der Teufel zu disputiren
und wollte ihm beweisen, dass er unrechtmässig zu seinem
Pfarramte gekommen sei (!) Das widerlegte der Pastor mit
grossem Muthe, und so brachten Beide die Nacht hin. Am
anderen Tage schrieb der Pastor an die Wand der Kammer
einige geistliche Sprüche aus der heiligen Schrift, als
1. Mosis 3, 15 und 1. Johannis 3, 8 an. Darauf wüthete
der Teufel die nächste Nacht heftig und kratzte dermaassen
ingrimmig an der Waud, dass man die Risse lange hat
sehen können. Diese Nacht wurde ebenfalls mit Zanken
und Keifen hingebracht, und die dritte Nacht desgleichen.
Darauf ist endlich der Teufel, mit grossem Sturm und Stank,
auf und davon gefahren, wobei der Pastor ihm nachrief: —
,.So bleibet die Kammer doch mein, so lange ich lebe!" —
Der Teufel, oder wer ihn vertreten haben mag, blieb verschwunden
, die Kammer aber blieb so lange in unheimlichem
Geruch, bis ihn die neue Zeit vertrieb. (1. Beil. zum „Leipz.
Tagebl und Anzeiger" v. 13. September 1894, S. 6612, 3.
und 4. Spalte.) — Man müsste aus der Hauptquelle zu
erfahren suchen, ob der Amtsvorgänger des teufelgläubigen
Pastors s^hon vor der Zeit der Erscheinung durch ihn
vielleicht aus seiner Stelle hatte verdrängt werden sollen,
was, wenn es sich bewahrheitete, auf eine telekinetische
(Ferne-)Wirkung des Magisters Wild auf diese seine Lieb«
*) S. die vorhergehende Kurze Notiz g).
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