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60 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1895.)
zugehörig gewesenen Plätzen alle Stühle aufgestellt, welche
von den Mitgliedern des Cirkels besetzt gewesen waren.
Gleich von vornherein war ich durch eine Thatsache
betroffen, die trotz der nach genauem Maass aufgenommenen
Zeichnung mir nicht in die Augen gefallen war, und welche
beweist, dass die Einsichtnahme an Ort und Stelle niemals
von einer Zeichnung ersetzt werden kann. So war also das
Erste, was mich frappirte, wie ich bereits sagte, die
Kleinheit des Lokals, in welchem die fünfzehn Stühle der
Mitsitzer kaum Platz fanden, indem sie einander berührten,
und überhaupt das beinahige Fehlen von Raum zwischen
dem Medium und seinen nächsten Nachbarn, deren Kniee
und Füsse allen daselbst noch vorhandenen freien Raum
ausfüllen mussten; was auch Herr und Frau Seiling mir
auf meine wiederholten Fragen als thatsächlich bestätigten
und mir auf der Stelle nachwiesen. Ein Umstand von ganz
besonderer Wichtigkeit, da er von vornherein die Möglichkeit
von Manövern ausschliesst, durch die General Sederholm die
Thatsache erklären will, die uns interessirt.
Bald nachher trafen Fräulein Hjelt und ihre Freundin
Fräulein Tavaststjerna ein. Vor allem begab sich Fräulein
Hjelt an die Verwandlung ihrer Toilette und zog ein weisses
Kleid, Prinzessin-FaQon an, das sie auf mein Ersuchen
hatte machen lassen. Mit diesem Kleide angethan, weihte
sie mich in die Geheimnisse dieser Toilette ein und erklärte
mir, weshalb die vom General Sederholm (September-Heft
1894 S. 448 ff.) gegebene Erklärung nichts werth wäre,
d. h. weshalb man, wenn man sich hinter den Stuhl stellte,
diesen Stuhl nicht mit dem Untertheile des Kleides bedecken
könnte, damit man glaube, das Medium sei immer auf
seinem Platze. Thatsache ist, dass dieses Kleid sich weder
von vorn, noch von hinten aufknöpfen Hess, sondern dass
es von oben an- und ausgezogen werden muss, da es sich
vorn nur bis zum Gürtel öffnet; zudem erfordert dieses
Kleid absolut ein vollständiges Unterkleid von Calicot, mit
dem es zusammengenäht ist, denn sonst würde sich der
äusserst feine Stoff des Kleides nicht haben halten können,
und dieses Unterkleid ist ihm knapp ansitzend; das würde
alle vermutheten Manöver unmöglich machen; und auf
solche Weise ist man vermittelst der zum Plaisir erfundenen
Erklärungen ohne genaue Erforschung der Sache schnell
fertig mit einer Thatsache, die uns unglaublich erscheint.
Nach dieser kleinen Toiletten-Lection von einer für
mich ganzen neuen Art verschritten wir zur Wiederholung
der Seance. Fräulein Hjelt nahm den Platz des Mediums
ein und die Zeugen ihre entsprechenden Plätze: — Herr
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