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66 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1895.)
zur Zeit seiner Dematerialisation betastet haben, so war es
für mich natürlich wichtig, darüber sein Zeugniss mit
lauter Stimme zu erhalten; auch ersuchte ich ihn, mir zu
sagen und mir ganz genau zu zeigen, wie er den Stuhl des
Mediums befühlt hatte. Hierauf setzte er sich auf den
Stuhl, und ein wenig zur Seite rückend und die eine seiner
Hände mit der anderen ergreifend, (wie es das Medium
gemacht hatte,) liess er sie den freien Raum des Stuhlsitzes,
den er zur Seite gelassen hatte, betasten. Auf diese Weise
bewies er mir, dass die Prüfung des Stuhles in der Weise,
in der sie ihm Mrs. <?E. vorzunehmen gestattet hatte, absolut
nichts bewies, und darin hatte er vollkommen Recht. Da
er ausserdem noch mehrere andere Beobachtungen erwähnte,
die während dieser Seance von ihm gemacht worden und
ihm verdächtig erschienen waren, so ersuchte ich ihn, mir
sein Zeugniss schriftlich ohne allen Rückhalt zu geben; und
meine Leser haben es bereits (September-Heft 1894 S. 442 ff.)
an seiner Stelle mit den zugehörigen Gegenzeugnissen
(daselbst S. 444 ff.) gelesen, denen ich es notwendigerweise
habe unterziehen müssen. Dieses Zeugniss, welches Zweifel
auf die Phänomene und das Medium wirft, kann als gutes
Beispiel dafür dienen, wie sehr bei Seancen dieser Art in
Abwesenheit eines guten Lichtes und nicht genügend in der
Nähe der Phänomene selbst die einfachsten Dinge verdächtig
erscheinen können. Man kann doch wirklich nicht verlangen,
dass das Medium während einer Seance von zwei bis drei
Stunden auf einem der unbequemsten Stühle unbeweglich
sitzen bleibe. Wenn es nur ein wenig den Platz verändert,
wenn es seine Rockfalten ordnet, wenn es seine ermüdeten
Glieder ausstreckt, — alles das erweckt in einer gewissen
Entfernung, bei einem zu schwachen Lichte, Zweifel, deren
man sich nicht erwehren kann.
Ich habe schon vorher gesagt, dass der Werth eines
Zeugnisses viel abhänge vom persönlichen Werthe
derjenigen, welche es ablegen. Es ist demnach hier der
Ort, zu sagen, dass der Eindruck, den ich von den vier
Zeugen davon trug, die sich zur Bestätigung der ausser-
gewöhnlichen Thatsache, die uns beschäftigt, mir vorstellten,
einer der günstigsten gewesen ist. Ich habe in Herrn
Seilitzg einen Mann der positiven Wissenschaft gefunden,
der bereit ist, jede Naturerscheinung ohne Vorurthtil, ohne
Voreingenommenheit zu studiren. Ich habe bereits in einer
Note über ihn (August-Helt 1894 S. 38ü) mitgetheiit, dass
Herr Seiling Professor der mechanischen Technologie, der
allgemeinen Maschinenh hre und Kinematik am Polytechnikum
in Helsingfors ist. Er ist also schon von Beruf ein an
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