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428 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 3. Heft. (März 1895.)
deren sich die Verstorbene im Verkehr mit mir gern
bedient hatte,) plötzlich dieses sonderbare „Donna Clara"
gekommen und dann auf die Frage, wer damit gemeint sei,
die Antwort: — „Olga" (so hiess die Verstorbene) erfolgt.
Schon damals kam mir sofort die noch dunkle Erinnerung,
dass (was ich seiner Zeit niemals besonders beachtet hatte)
die verstorbene Freundin mir wiederholt von einer „Donna
Clara" gesprochen hatte, welche in einem Gedicht von Heine
besungen ist, das jedoch meinem Gedächtniss völlig entschwunden
war. Als nun dieses Mal auf die weitere Bitte,
mir doch nur mit einem Worte anzudeuten, was mir die
Verstorbene mit diesem Citat sagen wolle, die zögernde
Antwort lautete: — ,,Dreie" (= Treue: in der Orthographie
findet bei diesen Mittheilungen durch Kippen des Tisches
resp. Klopflaute, wie auch beim automatischen Schreiben
die grösste, offenbar keineswegs durch mangelhafte Kennt-
niss des Mediums, sondern eher durch Laune der gleichsam
telegraphirenden Intelligenz veranlasste Willkür statt), so
suchte ich, weil ich sofort instinctiv fühlte, welche
Mahnung mir auf Bezug auf ein Vorkommniss aus letzter
Zeit damit nahegelegt werden sollte, bei Heine nach und
fand nach längerem Suchen im „Buch der Lieder", das
bekannte (einen Fall von Anmeldung eines soeben Verstorbenen
in Form einer spanischen Romanze behandelnde)
Gedicht: — „Don Ramiro(i, — welches beginnt: — „Donna
Clara, Donna Clara, Heissgeliebte langer Jahre" u. s. w.
Erst jetzt kam mir eine deutlichere Erinnerung, dass die
Freundin schon bei ihrem hiesigen Aufenthalt (wo ich sie
auf die Abiturientenprüfung vorbereitet hatte) eben dieses
Gedicht bei verschiedenen Anlässen (z. B. auf Spaziergängen)
mir citirt hatte, ohne dass ich damals irgend welches
besondere Interesse daran genommen hätte, und dass sie
noch später, als ich sie in meinen Ferien in Paris besuchte,
mir einmal sagte, wenn sie vor mir sterben sollte,
so würde sie, wenn ihr dies möglich wäre, so zu
mir kommen, wie dort Don Romiro zu der ihn
verlassenden Donna Clara („Sprachest ja, ich sollte
kommen" —), und zwar mit der Bemerkung, dass man sich
freilich einen solchen Wunsch wohl überlegen müsse, was
ich jedoch, wie gesagt, alles längst völlig vergessen gehabt
hatte. Denn weil ich damals von spiritistischen Experimenten
nichts Authentisches wusste und daher alles derartige als
thörichten Aberglauben, resp. als dichterische Phantasie-
producte betrachtete, so hatte ich ihren Worten keine weitere
Aufmerksamkeit geschenkt. Nun aber sage ich mir, dass
die Annahme, das mitwirkende Medium, welchem sogar
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