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212 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1895.)
angestellt ist infolge ihres Geschehens in Gegenwart einer
lebenden Person, und dass sie alle launischen Charakterzüge
der Lebenskraft und eines unabhängigen Willens an sich
tragen.
Ich habe diese Bewegungen denjenigen einer Fliege in
einem Galvanometer, oder einer Maus im Gehäuse einer
Wage verglichen: — es würde in einem solchen Falle
nutzlos sein, alle Bewegungen zu verzeichnen, doch würde
kein Zweifel über ihre Objeetivität walten, und sie könnten
einer Art halb erkennbarer Gesetze folgen. So z. ß. könnte
ein Lichtstrahl das Thier denkbar still halten, während
Dunkelheit seine Thätigkeit befreien würde. Stillschweigende
Aufmerksamkeit könnte es ähnlich lähmen, während untermischtes
Reden es zum Weitergehen ermuthigen dürfte. Ein
heftiges Eindringen oder eine andere Ueberraschung könnte
jede weitere Manifestation für lange Zeit hemmen, und so
weiter.
Die Dinge, welche sich im Seance-Zimmer ereignen,
geschehen genau so, als ob ein unsichtbares, oder ein nur
zum Theil sichtbares, intelligentes, lebendes Thier von einiger
Kraft umherschliche und Gegenstände bewegte, sie mit
grösster Leichtigkeit in der Nähe des Mediums, aber nur
gelegentlich in beträchtlicher Entfernung bewegte und
zuweilen mehr Kraft ausübte, als des Mediums gewöhnliche
Muskelkraft dazu für fähig angenommen werden könnte.
Mit Bezug auf die anormale Aasübung von Kraft auf
Seiten des Mediums ist ein während meines zweiten Besuches
nach dem Süden Frankreichs gewonnenes Experiment von
Interesse. Nach der Söance ist das Medium gewöhnlich für
einige Zeit nur halb wach, und eine leichte Anregung
genügt gewöhnlich, sie wiederum in Trance zurückzuversetzen;
und selbst wenn dies nicht geschieht, so scheint doch die
anormale Kraft nicht ganz geschieden, so dass sie zuweilen
noch einen Gegenstand ohne Berührung bewegen, oder Schritt
oder Merkzeichen ohne gewöhnliche Mittel hervorbringen
kann. Der Vortheil dieser post-tranee-Wirkungen ist, dass
sie bei vollem Lampenlicht geschehen; der Nachtheil derselben
ist, dass sie sich ziemlich unerwartet ereignen. Bei
der jetzt zu erwähnenden Gelegenheit war die gewöhnliche
Operation des Niederdrückens eines Hand-Dynamometers
(-Kraftmessers) von Jedermann nach einer Seance vorgenommen
worden, und ich schrieb die Resultate nieder.
Die Skala war verschiedentlich, aber es kann gesagt werden,
dass die Frauen es von 40 bis 70, die Männer es von 70
bis 160 oder daherum brachten. Keiner war im Stande,
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