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310 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1895.)
gerufen durch schädliche, verderbenbringende Neugierde."
Zum Zwecke des Unterscheidens von erlaubten und unerlaubten
, von Wahrheit und Lüge werden nunmehr die
verschiedenen Arten der Wahrsagerei behandelt: —
1) Physiognomie, — 2) Chiromantie, — 3) Traumdeutung,
— 4) Weissagung durch das „Rad (eigentlich eine runde
Scheibe) des Beda venerabilis" und die Wünschelruthe
(virga metallica), — 5) Magie, — (i) die übrigen Wahrsagekünste
, Prophetie und Enthüllungen, Weissagung, Orakel
und Zeichen (omina).
Da es leider nicht möglich ist, die ganza Abhandlung
(30 Seiten Quart) in der vollständigen Uebersetzung den
Lesern unserer Zeitschrift vorzulegen, so wollen wir im
folgenden wenigstens den Inhalt der Hauptpunkte wiedergeben
, damit Freunde und Gegner des Oecultismus wieder
einmal lernen, „wie wir's heut so herrlich weit gebracht
haben."
I. Die Physiognomik.
„Die Physiognomik umfasst die Kunst, aus der Form
der Gesichtszüge und Glieder, aus Gestalt, Haltung und
Farbe des Körpers, und seinen Proportionen einen Schluss
zu ziehen auf das Temperament, die Gesundheit, Sittlichkeit
und Intelligenz, sowie die Leidenschaften des Menschen und
ihre Folgen. Soweit diese Wissenschaft von naturphilo-
sophischen Lehrstühlen aus erforscht wird, ist sie erlaubt
und zu billigen. Auch wird sie vielfach in der heiligen
Schrift erwähnt. (I. Paral. J2, v. 8; Proverb., 17 v. 24;
Eccl. 15), v. 27; Proverb. 6, v. 12; Eccles. 26, v. 2 u. s. w.
Wir halten es nicht für unnöthig, wenigstens die betreffenden
Stellen der Schrift hier anzugeben, auch wenn wir nicht,
wie Szent-lvany, den vollen Text abdrucken können.)
Ihre Grundlage bilden folgende vier Sätze: — 1) Körper
und Seele stehen in wechselseitiger Beziehung. Leiden und
Leidenschaften des einen Theiles wirken auch auf den
anderen; denn der Körper ist das Werkzeug der Seele,
diese jedoch das organisirende Prinzip (foima) des Körpers.
— 2) Thierähnlichkeit bedingt sittliche Defecte; denn die
Ausdrucksfähigkeit (potentia) richtet sich nach der Art des
Materials (instrumentum). — o) Die Geschlechtsunterschiede
beziehen sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf
den Charakter. — 4) Das Temperament bedingt den sittlichen
Charakter des Menschen."
Im folgenden Abschnitte wird an 82 Beispielen, welche
für die Anhänger der Formaldiagnose und Phrenologen
manches Interessante bieten, die Abhängigkeit der Charakter-
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