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Kurze Notizen.
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geliefert. („Archiv f. Gesch. d. Philos.", Bd. VI Heft 3,
S. 352 ff.) Aus diesen sieht man, wie für einen so hoch
stehenden Geist, der das Wissen in solchem Umfange
beherrschte, doch der Teufel und seine Gesellen, die
Bündnisse mit diesem, die von ihm ausgehenden Verführungen,
das Erscheinen Abgeschiedener auf der Erde,
die magischen Beziehungen zwischen den Gestirnen und
dem menschlichen Schicksal, überhaupt aber eine beständig
fortdauernde Magie im Universum volle Realität hatten.
Dieser Nachweis ist in Uebereinstimmung mit dem, was
wir von Luther wissen, und er ergänzt dasjenige, was über
den Aberglauben bei den Durchschnittsmenschen jener Tage
gesammelt worden ist, (Zuletzt noch in Lecky's „Geschichte
der Aufklärung in Europa", übersetzt von Jolorvicz I, 40 ff.
108 ff. Für Luther's Glauben an den Teufel, Dämonen,
Hexen bilden die Tischgespräche die Hauptquelle.) Auch
habe ich versucht zu zeigen, wie eben die Zersetzung des
mittelalterlichen Systems eine Verstärkung alles Aberglaubens
im 15. und 16. Jahrhundert zur Folge hatte.
In derselben Richtung wirkte die Erneuerung des von
orientalischem Aberglauben erfüllten Neupythogoreismus
und Neuplatonismus im 15. und 16. Jahrhundert. Zugleich
empfing der Aberglaube eine neue Form und eine neue
Kraft, indem diese grossen, activen, kämpfenden, germanischen,
religiösen Naturen Alles, was ihrem Wirken für das Reich
Gottes entgegenstand, mit einer halb erhabenen, halb
grotesken Phantasie in einem Reich des Teufels und seiner
Gesellen personificirten. Es war, als ob der stammesverwandte,
aktionsmächtige Religionsglaube der Parsen von den beiden
einander bekämpfenden Reichen wieder bei diesen Germanen
des 16. Jahrhunderts auflebte. So haben sich später Gustav
Adolfy Gromwell und seine Reiter, und die Oranier als Soldaten
im Dienste des Reiches Gottes und im Kampf gegen das
Reich des Antichrist gefühlt." U. s. w. — Ueber Luther's
und Melanchthon's Geister- und Teufelsglauben haben wir
bereits früher einige Belege beigebracht in „Psych. Stud."
April-Heft 1876 S. 43 ff. und November-Heft 1876 S. 523.
Vgl. noch die vorhergehende Kurze Notiz „Teufelsentsagung"
daselbst Juni-Heft 1894 S. 323 ff. u. S. 446 vorl. H. Note.
d) Ein rettender Traum. — Zu Anfang des
18. Jahrhunderts lebte zu Erfurt als Sekretär des
kurmainzischen Fiskus Zacharias Bernhard Apfelstädt.
Dieser war mit dem berühmten August Hermann Franke,
damals Prediger an der Johanniskirche und späterer
Begründer des grossen Waisenhauses zu Halle a. S.,
befreundet und als ein rechtschaffener und verständiger
Mann allgemein geschätzt. Im Januar 1708 endete ein
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