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570 Psychische Studien. XXII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1895.)
— 'sagaces dicti canes.'*) — Dass Hunde den Tod eines
Menschen im Hause wittern, ist ein Volksglaube, den ich
1870 in Orleans bestätigt gefunden habe. Eine bretonische
Ballade, die ich in meinem Werke über 'die französische
Litteratur im Mittelalter', 1862, in Uebersetzung mitgetheilt
habe, spielt darauf an." — Der Sekretär der Redaction fügt
dem noch einen Hinweis hinzu auf den verstorbenen Sagenforscher
Theodor Bodin, von dem jüngst in „Die Natur"
zu Halle Nr. 39—41 ein nachgelassener Artikel über
„Mystik der Thierwelt" erschienen ist, worin ebenfalls von
Hunden und Katzen, Krebsen, Ochsenköpfen u, s. w. als
dämonischen Thieren die Rede ist.
c) Moskau. — Ein wunderbarer Heilerfolg.
— Am 22. September fand in der Moskauer psychiatrischen
Klinik, wie die „Mosk. W." erzählen, eine Sitzung der
Gresellscbaft der Neuropathologen und Psychiater statt. In
dieser Sitzung verlas der Vorsitzende der Gesellschaft
Professor Koshewnikow ein ausserordentlich interessantes
Referat unter dem Titel: — Ein Fall der Heilung von
Sicosis. — Dieser Fall stellt sich folgendermaassen dar.
Der Privatdoeent der Moskauer Universität 1>. unternahm
nach den Ferien eine Erholungsreise nach dem Kaukasus.
Hier bemerkte er auf seinem Gesichte irgend welche Finnen.
In Simpheropel wandte sich D. an einen Arzt, welcher die
Krankheit sofort als Sicosis feststellte, d. h. als eine Entzündung
der Capillar- (Haar-)Säckchen, die sich vorzugsweise
im Bart und Schnurrbart bemerkbar zu machen pflegt. Es
ist oies eine eben so quälende als langwierige Krankheit,
die bis 30—40 Jahre anzudauern pflegt. Im Verlaufe von
9 Monaten machte der Kranke die verschiedensten Kuren
durch und konsultirte auch ausländische Professoren. Die
Krankheit gedieh schliesslich so weit, dass sich der Patient
gezwungen sah, seine Stellung aufzugeben und zu Hause
zu sitzen; musste er sich mal' auf der Strasse zeigen, so
geschah es nur für kurze Zeit und mit verbundenem Gesichte.
Ungeachtet der sehr dicken Binde sickerte der sich in grossen
Mengen absondernde Eiter und das Blut durch die Binde
durch und die Lage des Kranken begann sich immer
schrecklicher zu gestalten. Zu Ostern dieses Jahres kehrte
D. in gedrücktester Gemüthsstimmung nach Moskau zurück.
Zufällig sah ihn einmal, als er zu Hause war, die für die
Familie arbeitende Wäscherin ohne Binde und rieth ihm
an, sich an einen russischen „klugen Mann" aus dem Volke
*) D. h. „Die hellsichtig genannten Hunde." —
Der Sekr. d. lled.
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