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16 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1896.)
und ihr Können weit über ihre Kunst hinausragend oder
wenigstens nicht durch sie erklärbar konstatirt haben.
Aber dann ist eben Herr Maskelyne auch diesen einfach
über! Dergleichen Einfachheiten sind für die grosse Menge
und deren Leithammel immer die anschaulichsten und
bequemsten; ja es giebt sogar unter den sonst tief unter
Maskelyne1^ Erfahrung und Wissen stehenden Gelehrten
schon welche, die da höchst einfach behaupten, es müsse
doch Alles in der Welt natürlich zugehen, folglich gebe es
nichts Ueber- und Ausser- und Unnatürliches, und damit
seien von vornherein alle angeblichen Wundererscheinungen
des Occultismus und Mediumismus gerichtet und verpönt,
die man sich nicht erst anzusehen brauche. Auch Herr
Maskelyne hätte das Ansehen nicht erst nöthig gehabt, aber
er that es bloss diesen Herren zu Gefallen, um sie desto
besser uud schlagender von der überraschenden Richtigkeit
seiner Betrugs-Annahmen und Voraussetzungen überzeugen
zu können. Doch hören wir seinen Berichterstatter über
diese einzige Seance weiter berichten: —
„Es würde zu viel Raum in Anspruch nehmen, seine
Erzählung des Vorganges, die im ,Daily Ohronicle* [vom
29. üctober 1895] veröffentlicht worden und von den Theil-
nehmern der Sitzung als wahrheitsgemäss anerkannt worden
ist, hier im Detail zu wiederholen. Die Pointe ist, dass
zunächst die Sitzungen der Eusapia das Tageslicht nicht
vertragen, — die „Wissenschaft" dieser Phänomene nennt
sich, scheint es, nicht umsonst die 'occulte'." 'Mehr Licht!'
— rief der sterbende Goethe, 1 Weniger Licht!' ruft die
fern wirkende Eusapia. Im Dunkeln ist gut munkeln. Und
offenbar, damit sich das Auge nicht an die Umgebung
gewöhnt, wird das Zimmer in Raten verdunkelt. Eusapia7$
Kleid ist dünn und schwarz, aber nicht von Seide. Seide,
so erklärt das Medium, lässt das „Fluidum" nicht durch.
Jeder Elektriker wird dies begreifen. Seide pflegt zu
ungelegener Zeit zu rascheln, ist die ketzerische Ansicht
des Herrn Maskelyne. Die Fussbekleidung Eusapia1^ für die
Sitzungen besteht aus Filzschuhen. Nachdem man sich um
einen Tisch gesetzt, sich die Hände gereicht, amüsirt
Eusapia zunächst ihr Publikum mit einigen von Jedermann
als Mache zu durchschauenden Stückchen. Das sei, erklären
die Gläubigen, nur Product des Wunsches, die Gäste nicht
zu enttäuschen, da die magische Wirkung erst im Traumzustand
erfolge, d. h. wenn Eusapia im Zustande des „Unter-
Bewusstseins' sich befinde. Aber sehr bald werden die
Seufzer und Zuckungen oder vielmehr das Gezappel
heftiger, das Medium 'sitzt keine zwei Secunden hinter-
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