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22 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 1. Hea (Januar 1896.)
der Hang zur Mystik, zum Ueber- oder Unternormalen in
weiten Kreisen der Besitzenden. Gewiss sind viele Erscheinungen
unseres Lebens noch unerklärt, gewiss hat die
Wissenschaft noch manche Geheimnisse der Natur uns
aufzudecken. Aber diese Aufgabe hat nichts mit jener
'Wissenschaft* zu thun, die sich als auszeichnenden Titel
den Namen Geheimwissenschaft beilegt, und die nur von
logischen Trugschlüssen lebt, schlimmer als die Trugkniffe
der Eusapia, so sehr diese würdig ist, sie zu repräsentiren.
Wir haben gesehen, dass, als Eusapia'& dunkle Leistungen
von einem hellen Kopf als einfache Kunstgriffe erwiesen
worden, ihre Gönner erklärten, die Gute sei gerade im
Stadium der Decadence; der Luft von Cambridge entrückt,
werde ?ie wahrscheinlich wieder ein leistungsfähiges, supra-
oder subnormales Medium werden. Ist das nicht die beste
Charakteristik der ganzen Geheimlehre? Im Dunklen ist
sie gesund , im Hellen krank, und wenn sie ohne Zuhilfenahme
von Supranaturalismus analysirt werden kann, dann
ist sie — entartet!" —
Wir haben Maskelyne und seinen Berichterstatter Bernstein
sich aussprechen lassen und bewundern beider Herren
Scharfsinn und Kunstfertigkeit auf ihrem — predistidigita-
torischen und litterarischen Gebiete. Aber von Mediumschaft
verstehen wirklich Beide nichts, — sie sind noch nicht über
ihr ABC der Zaubervorstellungen hinausgekommen, die zur
Voraussetzung — blosse Kunstgriffe des Handwerks — auch
auf logischem Gebiete haben. — Eusapia hat aber einfach
nicht absichtlich betrogen, sondern ihr Zustand im sog.
Unterschwellen-Bewusstsein hat Bewegungen und Regungen
herbeigeführt, die dem gewöhnlichen Beobachter unter der
Voraussetzung des Zwecks, aussergewöhnliche Manifestationen
zu erhalten, als Betrugs-Versuche erscheinen mussten, falls
sie diese Art von Zustand nicht schon besser kennen
gelernt hatten. Unter dieser Sinnestäuschung haben auch
die Professoren der Cambridger Society of Psychical
Research ihr augenscheinliches Urtheil gefällt. Aber hinter
dem Augenschein steckt stets ein wirklicheres Sein, — und
diesem zu seinem Rechte auf unserem vielverkannten und
so räthselhaften Gebiete zu verhelfen, ist die eigentliche
Pflicht und Aufgabe aller Geistesforscher.
Wie kommt es doch, dass Herr Maskelyne die bei
Eusapia („Psych. Stud." Januar-Heft 1893 S. 19) vorgekommenen
beiden plötzlichen Erhebungen auf ihrem
Stuhle vom Fussboden auf einen Tisch nicht auch zu
erklären versucht hat? Sollten das etwa die „Filzschuhe"
allein zu bewirken im Stande sein, oder etwa „Gummischuhe"
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