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36 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1896).
schon erheblich früher. Z. B., um ein welthistorisches
Beispiel anzuführen, jener grosse Unbekannte, der von den
sogenannten Paulinischen Briefen das Hauptstück derselben,
Römer, Kap. 1-8 verfasst hat und wahrlich vermöge der
darin zuerst dogmatisch formulirten Religionspolitik von der
Gleichheit der Juden und Griechen (Heiden) in Christo Jesu
sicherlich zu den wenigen genialen Hauptbegründern der
neuen Lehre gezählt werden muss, seufzte bekanntlich
zerknirscht: — „Wer erlöst mich von dem Tode
diesesLeibes?!" (7,24.) — Ihm als strengem Spiritualisten
wäre mit einer Verlängerung seines Lebens augenscheinlich
wenig gedient gewesen; wie schon einem HerakUt und Plato,
und wie heute wieder allen Spiritualisten und Theosophen,
ist ihm das Leben im Fleische ein Gefängniss des
Geistes, und ein „Gesetz der Sünde" sieht er in seinen
Gliedern hausen. Was sollte er auch nach seiner dogmatischen
Meisterleistung noch hier? sie war nicht mehr zu
überbieten, weder an Consequenz der Ziele, noch der
Wirkung nach; die Ergänzungen seiner Nachfolger thun
dies überdies ebenfalls dar.
Doch schiiessen wir diese Abschweifung über den
Werth einer Verlängerung des Lebens. Im Uebrigen
gleicht nicht nur die Uebertragung von Lebensmagnetismus
einer Ernährung, sondern auch die Arzeneien vermögen
uns neue Kräfte zuzuführen, wenn sie in derjenigen Weise
und Zertheilung gegeben werden, in welcher der Nervenorganismus
durch sie neue, ihm gemässe Anstösse empfängt.
Die Homöopathie ist dafür ein glänzender Beweis durch
ihre feinzertheilten, potenzirten Arzeneien. Aber auch die
Sprache weist auf diesen Zusammenhang hin! Unser
hochdeutsches „ernähren" ist das althochdeutsche „nerjan",
und dies bedeutete „heilen." Im Gothiscben heisst
dasselbe Wort „nasjan", welches wiederum noch in unserem
„genesen" erhalten ist. Moderne, zur Natur zurückkehrende,
medicinische Schulen bestätigen diese Urweisheit unserer
deutschen Sprache, sie kuriren mit Nährsalzen: — so
die Schüssler'sehe Richtung in der homöopathischen Therapie
und Dr. Lahmann auf dem Gebiete der Diätetik.
Der Glaube an Wunderkräuter und Pflanzentränklein.
vermöge welcher man hundert und mehr Jahre alt werden
sollte, ist bekannt, und gewisse Kräuter sollten unverwundbar
machen. Das führt uns auf die magisch-sympathetischen
Mittel, also auf ein Gebiet, welches sich mit den heilmagnetischen
Kräften unmittelbar berührt, ja sich mit dem
Heilmagnetismus geradezu verquickt, insofern die Kräuter
unter Beobachtung gewisser occulter Bedingungen angewendet
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