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Kurze Notizen. 49
sinnlich nicht wahrzunehmender Gewalten. .. Aber wir Alle
haften am Irdischen, Sidi. Vergessen Sie nicht, dass Sie
Kinder haben —— U. s. w. Unsere Schriftsteller sind
in dieser Weise mehr oder weniger thätig, den Geheimnissen
des Seelenlebens die Aufmerksamkeit ihrer Leser zuzuwenden
; sie sollten dieselben nur, wo es irgend angeht,
zugleich auch auf die rechten Quellen ihres Studiums mit
hinlenken.
h) London, 20. November. — Nachdem die Geister-
photographie etwas aus der Mode gekommen ist, scheint an
ihre Stelle die Gedankenphotographie treten zu sollen.
Ein englisches photographisches Fachblatt veröffentlicht
einen Bericht über einen Versuch in dieser Richtung, der
zu folgendem Ergebnis s geführt haben soll. Ein Herr
Ingles Rogers setzte sich hin und starrte eine Minute lang
eine auf einer schwarzen Unterlage befindliche Freimarke
an, Hess alsdann das Zimmer verdunkeln und eine lichtempfindliche
photographische Platte an die Stelle der Freimarke
bringen, die er unverwandt zwanzig Minuten lang
anblickte. Die Platte wurde alsdann nach dem üblichen
Verfahren entwickelt und zeigte zwei deutlich erkennbare
Bilder der Freimarke. Das wird als „Gedankenprojection"
auf die photographische Platte bezeichnet und gleichzeitig
als Fingerzeig zur Erklärung der sogenannten „Geister-
photographien" gedeutet. Man wird gut thun, den Versuch
und die angehängte Erklärung gleich von Anfang an \on
einander zu trennen. Der Veisuch bedarf natürlich noch
der wissenschaftlichen Bestätigung. Sollte diese thatsächlich
erfolgen, so hätte man vermuthlich in den auf diese Weise
erzeugten Bildern der Freimarke weit eher eine photographische
Aufnahme der bekannten, auf der Netzhaut
hervorgebrachten Lichtbilder als eine „Gedankenprojection"
zu erblicken. Vor der Hand wird man aber gut daran
thun, den ganzen Bericht mit Vorsicht aufzunehmen. —
(1. Beil. z. „Voss. Ztg." Nr. 549 \. 23. November 1895.)
i) Der Satanscultus vor dem Pariser Zuchtpolizcigericlit. —
Ein höchst sensationeller Prozess kam am Mittwoch vor dem
hiesigen Zuchtpolizeigericht der 8. Kammer zur Verhandlung.
Grundlage der Verhandlung war die Behauptung, dass in
verschiedenen Pariser Vierteln Versammlungen von Männern
und Frauen stattfänden, in denen unter dem Namen
„Schwarze Messen" die katholische Kirche verhöhnt und
schamlose Orgien gefeiert werden sollen. Wie ein Rechtsanwalt
ausführte, würde der Satanscult vor einem Crucifix
verübt, dessen Kopf nach unten gekehrt sei, dabei würden
geweihte Hostien missbraucht, die man aus Kirchen entwende.
Psychische Studien. Januar 1896. 4
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