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Biographische Skizze des Herausgebers der „Psych. Studien". 65
sympathisirte, sondern noch dazu ein kostbares Medium,
das mich durch die ausser gewöhnliche Sensitivität ihres
Organismus bei meinen Forschungen psychischer Art
unterstützte; erst durch Zufall entdeckte ich in ihr ein
gutes Subject, als ich im Jahre 1870 zum ersten Mal in
meinem Leben einer ganz vertraulichen spiritistischen Seance
beiwohnte, die ich selbst für den Professor Butlerow
arrangirt hatte, und der eine ganze Reihe von höchst
lehrreichen Seancen nachfolgten, welche die Bekehrung
eines so ausgezeichneten Mannes der Wissenschaft, wie ich
schon vorher erwähnt habe, zum Resultat hatten. Diese
Seancen dauerten mehrere Jahre hindurch; sie waren sehr
instructiv, und später habe ich mehr als einmal Gelegenheit
gehabt, sie zu citiren, — da die Echtheit der Phänomene,
welche in ihnen erzeugt wurden, für mich ausser Zweifel stand.
Im Jahre 1882 verlor ich meinen Vater. Er theilte
keineswegs meine spiritualistischen Ueberzeugungen, und
infolge dessen sympathisirte er ganz und gar nicht mit
meinen spiritistischen Beschäftigungen. Er betrachtete alles
das für geistige Verirrungen, darin vollkommen in Ueber-
einstimmung mit der öffentlichen Meinung. Zum Glück, da
alle meine Veröffentlichungen (mit Ausnahme einer russischen
Broschüre „Der Spiritismus und die Wissenschaft", die im
Jahre 1872 erschienen war,) damals in Deutschland erfolgt
waren, hatte mein Vater nur eine ganz entfernte Vorstellung
von dem, was ich da draussen in dieser Richtung unternahm
. Aber es fanden sich „gute Freunde" und sogar
Spiritisten, welche mich denuncirten, indem sie meinen Vater
warnten, weil ich mein Vermögen an spiritistische Narrheiten
verlöre. Der Verweis, den er mir ertheilte, hätte im Jahre
1877 beinahe die Einstellung der „Psychischen Studien"
zum Resultat gehabt. Und sehr wider meinen Willen erliess
ich im November 4877 eine Ankündigung, „dass unser
Journal mit dem Dezember-Heft zu erscheinen aufhören
werde." Jetzt erst kann ich die alleinige und wahre Ursache,
die mich damals die Waffen zu strecken zwang, bekannt
geben. Zum Glück ordneten sich unsere Differenzen in
Güte, und infolge dessen verwandelte sich diese Ankündigung
bald darauf in einen „Glück auf- und Vorwärts-Ruf" im
Januar-Hefte 1878.
Mit dem Tode meines Vaters verschwand das einzige
moralische Hinderniss, welches meine Thätigkeit im
spiritistischen Gebiete hemmte. Deshalb auch erschien
meine „Geschichte des Comites der Universität von
St. Petersburg u. s. w.", die schon «im Manuscripte fertig
lag, erst im Jahre 1883.
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