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128 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 3. Heft. (März 1896.)
und legitimen Theorie der Naturwissenschaft geworden.
Dass sie auf einer höchst gewagten Voraussetzung beruht,
nämlich auf der Setzung einer Substanz, welche uns in
ihren Eigenschaften absolut unbekannt ist, dies einem
Naturwissenschaftler klar zu machen, war bisher vergebliche
Arbeit. Dass der „Aether" ein eben solch wackerer metaphysischer
Begriff ist. wie etwa „das magnetische Fluid",
welches dieselbe Naturwissenschaft mit wahrem Ingrimm
bekämpft, wollen diese Fanatiker der greifbaren Thatsache
eben nicht einsehen. Und dennoch ist es so!
Meines Erachtens wird aber die Entdeckung Röntgen?*
noch mehr nach sich ziehen, als das Wiederaufleben einer
veralteten Theorie. Diese sonderbaren dunklen Strahlen,
die sich zwar durch Rubin abhalten lassen, aber schlankweg
durch Prisma, Spiegel und Glaspulver gehen, vermehren die
subjectiven Factoren, welche wir bei der Optik, insbesondere
den optischen Täuschungen, anzunehmen haben, um ein
beträchtliches. Zwar versucht man bereits die photographischen
Wirkungen der X-Strahlen auf fluorescirende
Wirkungen zurückzuführen; aber diese Zurückführung
bedeutet mehr ein neues Problem, als die Klärung des
Gesuchten. Denn thatsächlich sind wir auch über die
Fluorescenz noch blutwenig unterrichtet. Für die spiritistische
Thatsachenerforschung aber wird ohne Zweifel damit ein
wichtiges Erkenntnissgebiet erschlossen. Denn die mediu-
mistischen Lichtphänomene, welche ich selbst zu beobachten
Gelegenheit hatte, Hessen mir längst die Yermuthung aufkommen
, dass es sich dabei vorwiegend um das Räthsel
fluorescirender und eng verwandter Erscheinungen handelt.
Wahrscheinlich lehren uns die X-Strahlen das Wesen dieser
seltsamen Lichtarten nun besser erschliessen.
Interessant sind ferner die verschiedenen Ansichten,
welche durch Röntgend Entdeckung geweckt wurden und sich
zu ruhenden Problemen hinüber spinnen. Dr. med. Heinrich
Kraft in Strassburg weist auf Reichenbach's „Odlehre" hin,*)
im Spiegel erscheint,) vermittelst Eintauchens dreier präparirter Gela-
tine-Häutehen in je eine rothe, gelbe und blaue Anilinfarbe und durch
Uebereinanderdeckung derselben behufs Abnahme von Copien erfunden
worden sein, was ebenfalls als ein Beweis gegen die Undulations- und
für die Emanations-Theorie aufzufassen sein dürfte. (Vgl. Kurze Notiz
c) S. 144 dieses Heftes.) — Der Sekr. d. Ked.
*) Wir geben Dr. Heinrich Kraft* Artikel um seiner interessanten
Nachweise willen, dass die Röntgeitschen X-Strahlen mit dem ehemaligen
Reichenbach'schen Ode identisch sind, im nachfolgenden Artikel unverkürzt
wieder. Ueber Prof. Dr. Vogels in Berlin gegentheilige Ansicht
lese man am Schlüsse dieses Artikels meine Anmerkung:. —
Der Sekr. d. Ked.
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