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Schupp: Köntgen's Entdeckung und die Hellseher. 131
Zunächst muss konstatirt werden, dass die Unsicherheit
der Angaben ihr in der That keinen anderen Werth, als
den einer — immerhin dankenswerthen — Anregung giebt.
Herr Bongard scheint mit dem Hypnotismus nur sehr oberflächlich
bekannt zu sein, sonst hätte er nicht unterlassen,
die hypnotische Methode, welche die Nichte zur Einschläferung
anwandte, zu beschreiben. Es ist ferner aus der Darstellung
eher anzunehmen, dass der Schlofer das Vorhandensein der
Kugel lediglich durch indirecte Aufmerksamkeitshinlenkung
errieth, als auf dem vermutheten Wege.*) Ohne dass irgend
unbekannte Elemente hinein zu spielen brauchen, ist die
Fähigkeit, aus winzigen Anlässen und Andeutungen Anderer
(bedanken zu errathen, bei manchen, zu den contemplativen
Formen der Somnambulie hinneigenden Medien ausserordentlich
gross,
Ist somit aus dem geschilderten Erlebniss ein an sich
gültiges objectives Resultat nicht zu finden, so sei seine
Bedeutung als Anregung auch mit dieser Anführung ausdrücklich
statuirt.
Die Zeichen mehren sich dafür, dass innerhalb des
kommenden Menschenalters ganz gewaltige Probleme, in
einander quirlend, sich aufthürmen werden; hoffentlich zeigt
uns ein zukunftkündendes Horoskop auch Lösungen auf
Lösungen! So will es doch das sonderbare Ding, das man
Menschheitshoffnung nennt!
Anmerkung des Sekretairs der Redaction.
Die in der vorhergehenden Note S. 128 von Dr. Kraft
behauptete Identität des Od es mit den X-Strahlen be-
*) Dieser zwar vorsichtigen Vermuthung des Herrn Verfassers
möchte man doch wohl, Alles erwogen, nicht beipflichten, falls Herr
Bongard in diesem Falle uns genau berichtet hat, wänrend man wiederum
Herrn Bongard als weit über sein Ziel binausschiessend zu erachten hat,
wenn er „nicht etwa eine Verherrlichung des ^3chloferthums, anstreben,
sondern nur zu neuen Forschungen anregen" will und schliesslich doch
sagt: — „So bin ich z. B. auch fest tiberzeugt, dass die Entdeckung
der X-Strablen zur Entlarvung vieler spiritistischen Experimente beitragen
wird; denn das Photographiren von Geisterhänden, -Füssen u. s. w.
im Dunkeln wird, obgleich der wissenschaftliche Zusammenhang den
Spiritisten unbekannt war, durch die X-Strahlen vermittelt worden sein,
indem die Spiritisten ihre eigenen Hände vor die Platten hielten und
sie später als Geisterhände u. s. w. ausgaben." — In dem „u. s. w."
steckt der Haken, an dem Herr Bongard sich fängt. Die Spiritisten
haben bekanntlich nicht bloss „Hände", sondern auch „Gesichter" und
ganze Gestalten gut bezeugter Verstorbener erhalten, die in Stellungen
aufgenommen wurden, in denen sie niemals zuvor photographirt worden
waren! Warum sollte denn da die neue Entdeckung den Spiritismus
blos entlarven und nicht vielmehr auch bestätigen? —
Der Sekr. d. Red.
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