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150 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 3. Heft. (März 1896.)
sein, dass derartiger Hocuspocus, der den Leuten nichts
nützt, sie aber um's Geld bringt, bestraft werden kann.
Es handle sieh im vorliegenden Falle um Zurückweisung
einer Ungebühr, die heutzutage eine solche sei, wie sie es
vor 200 Jahren war. — Wenn die Polizeiordnung von 1661
noch voll zu Recht bestünde, so wäre Petzoldt ausser mit
Gefängniss noch mit Landesverweisung und mit Staupenschlägen
zu bestrafen gewesen. Die letztgenannten beiden
Strafarten waren durch die neuere Gesetzgebung in Wegfall
zu steilen. („Leipz. Tagebl." Nr. 67 v. 7./2. 1896,
S. 968, 3. Spalte.) — Es scheint uns bei derartigen sich
mehrenden Fällen hoch an der Zeit, endlich an Beseitigung
dieser veralteten 200jährigen Gesetze auch in ihrer gemilderten
Form nach den in unseren „Psych. Stud.u Octbr.«
Heft 1895 S. 459 ff. ertheilten ßathschlägen an Ausschlag
gebender Stelle zu arbeiten. Dieser Mann und viele seinesgleichen
haben doch notorisch Leuten geholfen, welche alle
Kunst der geordneten x\erzte nicht zu kuriren vermochte.
In welcher Weise die staatlich ordinirten Aerzte gegen die
von ihnen sogen. Kurpfuscherei der Naturärzte, Heilmedien
und Magnetiseure, sowie gegen Leute wie der
„Schlofer" und Schäfer Ast etc., vorzugehen gesonnen sind,
erhellt aus folgender Mittheilung des „Berliner Tageblatts"
Nr. 69 vom 7. Februar 1896, XXV. Jahrg.: —
„Der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine
hat sich gestern Abend mit der Frage der Kurpfuscherei
beschäftigt. Die Hygienekommission erstattete
Bericht über die angeregte Petition an den Reichstag, für
und gegen welche sich eine gleiche Anzahl von Stimmen
erhoben hatte. In.der von Sanitätsrath Dr. Oldendorf? geleiteten
„Zeitschrift für sociale Medicin" hat Rechtsanwalt
Joachim sehr eingehend die Rechtsverhältnisse der Kurpfuscherei
dargelegt und einige Vorschläge daran geknüpft.
So die Anzeigepflicht der Kurpfuscher bei ansteckenden
Krankheiten, ein Verbot des Ausgebens von Arzeneien, die
Führung von Journalen und eine ständige Beaufsichtigung.
Auf diese Weise würden die Polizeibehörden ein sicheres
Material erhalten zur Beurtheilung der Frage, ob einem
Kurpfuscher der weitere Gewerbebetrieb untersagt werden
soll. Die beantragte Petition wünschte eine entsprechende
Erweiterung des § 35 Abs. 2 der Gewerbeordnung. Danach
sollte den Kurpfuschern, die ihre Unzuverlässigkeit bewiesen
haben, die Fortsetzung ihrer gemeingefährlichen Thätigkeit
untersagt werden können. Im Geschäftsausschuss war
jedoch keinerlei Stimmung für ein derartiges Vorgehen
vorhanden; man war der Ansicht, dass die vorgeschlagenen
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