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Psychische Stadien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet.
XXIII. Jahrg. Monat April 1896.
I. Abtheilung.
Historisohes und Experimentelles.
Johannes Faust, der Schwarzkünstler.
Eine Studie über das mittelalterliche Zauberwesen.
Von Gr. 1^ Dankmar in Darmstadt.
Motto: — „Durch den geheimnissvollen Zauber meiner
Schöpfungskraft habe ich dieses ganze Weltall
mit allen seinen Erscheinungen aus mir selber
hervorgebracht." — Bhagavad-Gita.
I.
In allen religiösen Anschauungen der Naturvölker
waltet durchgehens ein tief einschneidender Dualismus,
wonach den guten übermenschlichen Wesen böse übermenschliche
Wesen gegenübergestellt werden. Den Anlass
dazu hat wohl ursprünglich das Verhältniss des Menschen
zu der ihn umgebenden Natur gegeben, mit welcher der
Mensch auf niederen Kulturstufen mehr im Zusammenhange
steht, aber von welcher er auch mehr abhängig ist. Er
betrachtet das ihn umgebende Naturganze hauptsächlich im
Verhältniss darauf, ob es sein Wohl fördert, oder demselben
entgegensteht, und in den Erscheinungen dieses Makrokosmos
fühlt er instinetiv das Walten einer übermenschlichen Macht,
welche ihm bald freundlich, bald feindlich gegenübertritt.
Diese Macht umkleidet er mit den Attributen seiner eigenen
Persönlichkeit: — er anthropomorphisirt. Die unerkannte
Ursache eines angenehmen Eindrucks gestaltet er zum guten
Wesen; die eines unangenehmen zum bösen Wesen, und
liebend oder fürchtend verehrt er sie.
Bei allen Völkern, zu allen Zeiten finden wir diesen *
Dualismus, der sich in Religion und Mythe ausdrückt. Bei
Psychische Studien. April 1896. 11
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